Berlin

Die Väter von heute ticken völlig anders – 88 Prozent der Männer wollen Entwicklung ihres Kindes mitgestalten

Sie sehen sich oft in der Rolle des Erziehers und der Vertrauensperson: Die Väter von heute wollen viel Zeit mit ihrem Kind verbringen. Daher beantragt mittlerweile schon jeder vierte Vater das
Elterngeld. Doch eine Auszeit vom Job sollte man mit dem Arbeitgeber gut abstimmen, raten Experten.
Sie sehen sich oft in der Rolle des Erziehers und der Vertrauensperson: Die Väter von heute wollen viel Zeit mit ihrem Kind verbringen. Daher beantragt mittlerweile schon jeder vierte Vater das Elterngeld. Doch eine Auszeit vom Job sollte man mit dem Arbeitgeber gut abstimmen, raten Experten. Foto: DPA

Das erste Winken seines Sohnes – Thomas (Namen von der Redaktion geändert) hat es hautnah miterlebt. Die ersten neun Monate nach Pauls Geburt verbrachte er jeden Tag bis abends im Büro. Dann wurde aus dem Entwicklungsingenieur ein Vollzeitvater.

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Zwei Monate Elternzeit und vier Wochen Urlaub: Das waren drei kostbare Monate mit seinem Kind. „Tagsüber passiert so viel bei dem kleinen Knirps, das wollte ich unbedingt miterleben“, sagt der 31- Jährige.

Thomas gehört zur neuen Generation der Väter, die sich als gleichberechtigt in der Erziehung ihrer Kinder verstehen. Heute legen 88 Prozent der Väter zwischen 25 und 45 Jahren Wert darauf, die Entwicklung ihres Kindes von Anfang an aktiv zu begleiten. Das geht aus einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Research Now unter Vätern in dieser Altersgruppe hervor. Sie sehen sich als Vertrauensperson (66 Prozent) und Erzieher (61 Prozent) ihrer Kinder. Das Fazit der Umfrage: Die neuen Väter ticken anders.

Darauf müssen sich auch die Arbeitgeber einstellen: Immer mehr Väter wollen für den Nachwuchs einige Monate aus dem Berufsleben aussteigen. Seit Einführung des Elterngeldes vermeldet das Statistische Bundesamt regelmäßig neue Höchstwerte von männlichen Beziehern. Von den Vätern 2010 geborener Kinder beantragte jeder vierte (25,3 Prozent) Elterngeld. Dabei beziehen Männer die staatliche Familienleistung durchschnittlich für 3,3 Monate.

In den Chefetagen stößt das größere Engagement der Väter jedoch nicht überall auf Gegenliebe. „Mein Abteilungsleiter hat die Vermutung geäußert, dass es ein Versuch ist, sich zusätzlichen Urlaub zu beschaffen“, berichtet Thomas. Mit dieser Erfahrung steht er nicht allein da: Lediglich die Hälfte der in der Trendstudie befragten Väter, die Elternzeit genommen hatten, gab an, von ihrem Chef unterstützt worden zu sein.

Keine Angst vor Ärger

Große Probleme oder gar eine Kündigung muss jedoch niemand erwarten. „Väter sollten sich zunächst einmal bewusst machen: Sie haben einen Rechtsanspruch auf Elternzeit“, sagt Frauke Greven, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Firma „Spielraum – Projekt Vereinbarkeit“.

Entscheidend sei der richtige Zeitpunkt für das Gespräch mit dem Chef. „Idealerweise suchen werdende Väter mit ihren Vorgesetzten das Gespräch, wenn sie gemeinsam mit der Partnerin bereits eine konkrete Vorstellung entwickelt haben, wie sie sich die Elternzeit aufteilen möchten“, rät Greven. Oftmals bietet die eigene Planung dann eine gute Argumentationshilfe, wenn etwa die Partnerin ab einem gewissen Zeitpunkt wieder arbeiten möchte. So kann auch jenen Chefs, die keine eigenen Kinder haben, eine Brücke gebaut werden.

In der Praxis funktioniert das aber nur, wenn ein gutes Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber besteht. Markus ist bei seiner Chefin lieber auf Nummer sicher gegangen. Er hatte mit wenig Verständnis für seinen Wunsch nach Elternzeit gerechnet. Der Kulturmanager informierte sich im Internet über die korrekten Formalien des Elternzeitantrags und reichte diesen 7,5 Wochen vor Beginn des Antragszeitraumes ein. Die gesetzlich vorgeschriebene Frist beträgt sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit, acht Wochen vor Beginn genießen Väter einen Sonderkündigungsschutz.

Vertrauliches Vorgespräch

„Ich habe ihr gesagt, dass diese Frist aus meiner Sicht sehr kurzfristig ist, aber gesetzlich festgelegt, und ich mich deswegen daran halte. Das konnte sie nachvollziehen“, berichtet er. In größeren Unternehmen wäre auch ein vertrauliches Vorgespräch mit dem Betriebsrat oder mit dem zuständigen Mitarbeiter in der Personalabteilung ein möglicher Weg gewesen. Diese können helfen, verschiedene Szenarien durchzuspielen, und sie haben einen weniger emotionalen Blick auf die Angelegenheit.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen bieten Eltern verschiedene Möglichkeiten: So können sowohl Vater als auch Mutter bis zu drei Jahre Elternzeit für ein von ihnen betreutes Kind beantragen. Sie darf pro Elternteil auf bis zu zwei Zeitabschnitte aufgeteilt werden, auch eine parallele Elternzeit von Vater und Mutter ist möglich. Bei der zeitlichen Aufteilung bestehen größere Freiräume als beim Antrag auf Elterngeld: Dieses wird nur für die ersten 14 Lebensmonate des Kindes bewilligt. Im Anschluss ist die Elternzeit unbezahlt.

Vertretung vorschlagen

Wer an einem harmonischen Miteinander mit seinem Vorgesetzten interessiert ist, sollte bei der Elternzeitplanung auch Stoßzeiten im Job berücksichtigen. In jedem Fall helfen die Vorbereitung einer geordneten Übergabe des eigenen Arbeitsbereiches sowie konkrete Vorschläge für Vertretungslösungen bei der Vermittlung der eigenen Vorstellungen. Und wenn sie zurück im Berufsleben sind, bringen Väter ganz neue Fähigkeiten mit ins Unternehmen.

Von Katja Fels