Frankfurt

Die Klima-Versicherung soll ärmere Länder unterstützen

In der Antarktis schmilzt eine Gletscherfront. Der Klimawandel, der bei verschiedenen Gipfeltreffen in diesem Jahr im Blickpunkt der Politik steht, wirkt sich aber auch auf das Inlandeis der Antarktis aus. Bislang galten die Gletscher dort als stabil. Foto: Alba Martin-Español/Science AAAS/dpa 
In der Antarktis schmilzt eine Gletscherfront. Der Klimawandel, der bei verschiedenen Gipfeltreffen in diesem Jahr im Blickpunkt der Politik steht, wirkt sich aber auch auf das Inlandeis der Antarktis aus. Bislang galten die Gletscher dort als stabil. Foto: Alba Martin-Español/Science AAAS/dpa 

Im Jahr des großen Klimagipfels von Paris ruft die Globalisierungskritikerin Naomi Klein zum radikalen Wandel auf. Der Kampf gegen die Erderwärmung sei nur durch Abkehr vom Wirtschaftsliberalismus zu gewinnen, argumentiert sie in ihrer Streitschrift „Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima“. Die Entscheidung, die sich Klein wünscht, wird zumindest nicht auf der UN-Konferenz Ende des Jahres fallen. Dort wollen die Staaten zwar ein globales Klimaabkommen verabschieden. Doch radikale Veränderungen werden sicher nicht die Folge sein.

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Von Stefan Fuhr

Nach Ansicht von Experten stehen die Chancen auf einen Abschluss in Paris gut – weil die Ansprüche niedrig sind. Anders als beim desaströsen Gipfel 2009 in Kopenhagen, den eine überhitzte Showdown-Rhetorik begleitete, hofft in Paris niemand auf den großen Wurf. Vielmehr soll ein halbwegs verbindliches Rahmenwerk geschaffen werden, das in den folgenden Jahren zunehmend mit Leben gefüllt wird, wie Klimaökonom Reimund Schwarze erläutert, der die Verhandlungen seit eineinhalb Jahrzehnten beobachtet.

Um die Grundlagen dieses Kontrakts ringen die Klimadiplomaten in diesen Monaten mit verstärktem Einsatz. Bis zum Beginn der Pariser Konferenz am 30. November sind noch drei Verhandlungsrunden in Bonn geplant. Auch beim G 7-Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern am 7./8. Juni steht der Klimaschutz auf der Agenda.

Werden die größten Klimasünder ihre Treibhausgase eindämmen?

Klar scheint bereits jetzt: Bindende Ziele zur Minderung von Treibhausgasen wird es zunächst nicht geben. Die Länder legen derzeit freiwillige Zusagen vor, die in dem Abkommen benannt werden sollen. Bislang haben knapp 40 Staaten offiziell Angaben gemacht, darunter die EU-Mitglieder und die USA. Rund 30 weitere Staaten – unter anderem der größte CO2-Produzent China – wollen bis Oktober nachziehen, wie eine Zusammenstellung des Klimaaktivisten-Netzwerks CAN zeigt. Bei anderen Akteuren wie dem drittgrößten Klimasünder Indien ist unklar, ob sie überhaupt Ziele nennen werden.

Lässt sich damit unterm Strich der Klimawandel in Schach halten? Sabine Minninger, Klimaexpertin bei „Brot für die Welt“, urteilt: „Die Anstrengungen der Staaten werden nicht ausreichen, um die globale Erwärmung auf unter 2 Grad zu halten.“ 2 Grad gelten als kritische Grenze: Erwärmt sich der Planet stärker, sind die Folgen laut Wissenschaft unabsehbar.

„Klima-Realpolitik“

Klimaökonom Schwarze wirbt dennoch dafür, das 2-Grad-Ziel nicht zur Schicksalsfrage zu überhöhen. Der globale Aufschwung der erneuerbaren Energien werde weitergehen, auch wenn das Ziel nicht erreicht werde. Er spricht von „Klima-Realpolitik“. Als Ergebnis von Paris erwartet er einen „harten Vertragsrahmen mit weichem Kern“. Heißt: keine bindenden CO2-Ziele, aber verpflichtende Abmachungen zur finanziellen Unterstützung armer Staaten und zum Abbau klimaschädlicher Subventionen. Schwarze geht auch davon aus, dass in Paris der Grundstein für ein System von Berichtspflichten gelegt wird. Am Ende sollen Regeln stehen, wie die Klimaschutzanstrengungen der Länder zu kontrollieren sind.

Die armen Staaten, die unter den Folgen des Klimawandels besonders leiden, hoffen vor allem auf klare Finanzzusagen. Das Versprechen vergangener Gipfel lautet: Die Klimahilfen werden bis 2020 auf jährlich 100 Milliarden Dollar aufgestockt. Doch weiter ist unklar, woher Mittel in dieser Höhe kommen sollen – wie viel die reichen Staaten beisteuern, wie viel die Privatwirtschaft. Vom G 7-Gipfel in Elmau verlangen Klima- und Entwicklungsaktivisten dazu eine verbindliche Ansage. „Die G 7 sollen ein starkes Signal senden, dass die Bedürfnisse der Ärmsten bei Anpassung und Umgang mit dem Klimawandel berücksichtigt werden“, sagte Minninger.

Sinkende Inselstaaten sind mit keinem Geld der Welt zu retten

Beim Petersberger Klimadialog, einem Ministertreffen in Berlin, machte Bundeskanzlerin Angela Merkel am 19. Mai einen Aufschlag: Deutschland will seine Klimahilfen von derzeit 2 Milliarden Euro jährlich bis 2020 verdoppeln. Die Bundesregierung setzt zudem auf Klimaversicherungen und hat im Rahmen ihrer G 7-Präsidentschaft dazu eine Initiative gestartet: Arme Länder sollen sich mit westlicher Unterstützung gegen Unwetterschäden absichern können. Ein Vorstoß, den „Brot für die Welt“-Referentin Minninger begrüßt. „Versicherungen sind aber kein Allheilmittel gegen die Klimakrise“, schränkt sie ein. „Absinkende Inselstaaten sind nicht mehr zu versichern.“ Hier sei finanzielle Unterstützung für Umsiedlungen gefragt.