Rheinland-Pfalz

Betreiber rechnen am Ring mit Millionengewinn

Sie wollen bleiben: Das gekündigte Betreiber-Duo Jörg Richter (links) und Kai Richter präsentierte Bilanz und neue Pläne für den Nürburgring.
Sie wollen bleiben: Das gekündigte Betreiber-Duo Jörg Richter (links) und Kai Richter präsentierte Bilanz und neue Pläne für den Nürburgring. Foto: dpa

Die privaten Pächter am Nürburgring sehen sich wirtschaftlich auf Erfolgskurs. Im laufenden Geschäftsjahr rechnen sie mit einem Millionengewinn, wie sie bei ihrer Bilanzpressekonferenz an der Eifelrennstrecke erklärten.

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„Dabei haben wir nicht nur Gegenwind, sondern es ist ein Tornado, der uns entgegenschlägt“, erklärte Jörg Lindner, Gesellschafter der Nürburgring Automotive GmbH (NAG) in Anspielung auf den juristischen Konflikt mit dem Land und massive Widerstände in der Region. „Stellen Sie sich vor, wir würden bei Windstille oder gar bei Rückenwind arbeiten!“, fragte er rhetorisch.

Die gekündigten Pächter, die mit dem Land um die Höhe der Pacht streiten, wollen mit aller Vehemenz die Aufnahme eines schiedsgerichtlichen Verfahrens, um alle offenen Fragen zu klären. „Dafür haben wir nicht die kleinste Vorbedingung gestellt“, erläuterte Lindner. Und NAG-Gesellschafter Kai Richter forderte: „Der Nürburgring muss entpolitisiert werden.“ Die jetzigen Pächter sind grundsätzlich bereit, den Ring zu räumen, um den Weg für eine Neuordnung frei zu machen. Linder und Richter halten ihr Konzept für eine gute Basis, um sich bei einer Ausschreibung erfolgreich neu zu bewerben. Hier ihre Bilanz in Auszügen und im Überblick:

Veränderungen und Verbesserungen: Die NAG nimmt für sich in Anspruch, den Ring auf Wirtschaftlichkeit getrimmt zu haben. Und das unter erschwerten Bedingungen, wie allein 2300 Baumängel belegen, so Jörg Lindner. Der NAG-Geschäftsführer nannte eine Reihe von Neuerungen: Das historische Fahrerlager wurde eröffnet, die Kartbahn zurück zum Ring geholt, die Logen wurden ausgebaut, der Offroad-Park ist in Arbeit. Das elektronische Ticketsystem sei komplettiert, der Einkauf optimiert, Kostenmanagement und Verträge verbessert worden. Die Konzerne im Industriepool zahlen mehr für ihre Testfahrten. Zugleich hat die NAG die Zeiten so verändert, dass mehr Touristenfahrten möglich sind. Und: Die Pächter haben neue Formate etabliert wie das Hindernisrennen „StrongmanRun“, bei dem 2011 8500 Läufer und 2012 gut 10 000 Läufer starteten. Im zweiten Geschäftsjahr verzeichnete die NAG zudem 1440 Veranstaltungsbuchungen, darunter viele Firmen-Events sowie Busgruppen, Betriebsausflüge und Schulklassen.

Jörg Lindner legt Wert auf die Feststellung, dass es nicht die „geringste Einschränkung“ beim Motorsport am Nürburgring gibt. „Es ist Blödsinn, vom Tod des Motorsports zu reden. Das zeigt ein Blick in den Motorsportkalender“, so der NAG-Geschäftsführer.

Wirtschaftliche Bilanz: Die NAG hat den Umsatz am Nürburgring in den ersten beiden Geschäftsjahren nach eigener Aussage nahezu verdoppelt: Er stieg von 32,6 Millionen Euro im Jahre 2009 auf 58,2 Millionen Euro im zweiten Geschäftsjahr der Ring-Pächter, das vom 1. Mai 2011 bis zum 30. April 2012 reicht. Für das Geschäftsjahr 2012/13 rechnen sie mit einem Umsatz von 63,2 Millionen Euro.

Im laufenden Geschäftsjahr will die NAG 6,5 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen machen. Im vorigen Geschäftsjahr erwirtschaftete sie knapp eine Million. Im ersten Geschäftsjahr machte sie ein Minus von 444 000 Euro. Diese Zahlen beinhalten die Mindestpachten, wobei die Pächter auf die millionenschwere Spielbankabgabe beharren. Um ihren Anspruch zu untermauern, haben sie eine Mittelfristplanung der Nürburgring GmbH von 2009 vorgelegt, in der die strittigen 3,2 Millionen Euro bis weit über 2014 hinaus jedes Jahr für den Eifelkurs eingeplant waren.

Im Ergebnis des zweiten Geschäftsjahres sind zwei Millionen Euro an Beratungskosten berücksichtigt – ein Folge des Rechtsstreits. Diese werden aufgrund des Vertrags zum größten Teil vom Land mitfinanziert. Zudem berechnet die NAG den Einnahmeverlust aufgrund des Totalausfalls der Achterbahn mit 1,5 Millionen Euro im Jahr. Die Kreisverwaltung Ahrweiler hat noch immer nicht die nötige Genehmigung erteilt. Bislang hat die NAG für den Ausfall keine Schadensersatzzahlung erhalten, obwohl die staatliche Nürburgring GmbH offenbar 760 000 Euro Schadensersatz vom Hersteller überwiesen bekam.

Stand der Verhandlungen: Die Gesellschafter räumen mit Blick auf das EU-Beihilfeverfahren ein, dass man den Nürburgring-Vertrag „so nie hätte schließen dürfen“. Dafür macht die NAG das Land verantwortlich. Gesellschafter Lindner betont, dass die NAG nie „einen goldenen Handschlag“ wollte. Es geht allenfalls um die Verrechnung von Investitionen und Anlagevermögen. Die NAG beklagt, dass Innenminister Roger Lewentz (SPD) Ende April ein nicht akzeptables „Ultimatum von 25 Stunden“ gestellt habe, das folglich ignoriert wurde.

Ausblick am Nürburgring: Die Pächter sind überzeugt, dass der Ring weiter aus einer Hand gemanagt werden muss. Teilausschreibungen halten sie für unrentabel. Skeptisch sind sie auch bei der Formel 1. Wenn das Land sich nicht im Juni mit Chefvermarkter Bernie Ecclestone einigt (Angebot: fünf Rennen in zehn Jahren, Zuschuss jeweils unter zehn Millionen Euro), sieht Jörg Lindner schwarz: „Sonst ist die Formel 1 weg, für viele, viele Jahre.“


Von unserem Redakteur Dietmar Brück