Berlin

Bearbeitung von Asylanträgen: Oppermann will Beamte aus dem Ruhestand holen

Campmanagerin Beatrix Hermann verteilt Spielzeug in der Flüchtlingsunterkunft am Flughafen Hahn. Ehrenamtliche Helfer wie sie sind schon jetzt eine wichtige Unterstützung, um mit der gestiegenen Anzahl Asylsuchender im Land umzugehen. Oppermann fordert nun, auch pensionierte Beamte zu bezahlen, um Asylanträge schneller bearbeiten zu können. Foto: dpa
Campmanagerin Beatrix Hermann verteilt Spielzeug in der Flüchtlingsunterkunft am Flughafen Hahn. Ehrenamtliche Helfer wie sie sind schon jetzt eine wichtige Unterstützung, um mit der gestiegenen Anzahl Asylsuchender im Land umzugehen. Oppermann fordert nun, auch pensionierte Beamte zu bezahlen, um Asylanträge schneller bearbeiten zu können. Foto: dpa

Ähnlich wie vor 25 Jahren, als Beamte im Ruhestand wieder aktiv wurden, um in den neuen Bundesländern mit ihren Erfahrungen beim Aufbau Ost zu helfen, könnten Pensionäre nun dazu beitragen, den enormen Personalbedarf bei der Bearbeitung von Asylanträgen zu decken.

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Von unseren Korrespondenten Martin Bewerunge, Jan Drebes und Thomas Reisener

„Ruheständler haben damals einfach 2000 Mark im Monat netto bekommen, anrechnungsfrei, quasi als Aufwandsentschädigung. Wir sollten prüfen, ob wir diese Regelung übergangsweise wieder einführen können, damit wir endlich den Stau bei den Asylverfahren abarbeiten können“, sagte der SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in einem Interview mit der „Rheinischen Post“. Einen entsprechenden Vorschlag habe er bereits gemacht. Das neue Angebot: „2000 Euro, wenn die Ruheständler voll einsteigen.“

Der unbürokratische Plan geht laut Oppermann auf eine Idee der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zurück. Deren Aufruf an pensionierte Staatsdiener, bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme mitzuhelfen, sind laut Landesregierung bislang rund 400 Ruhestandbeamte gefolgt. Sie sollen für ihren Einsatz bezahlt werden.

„Ich bekomme jeden Tag E-Mails von Ruhestandsbeamten, die sofort bereit sind anzufangen“, sagte Oppermann im Gespräch. Er geht von ein paar Hundert Leuten aus, die keine Einarbeitung brauchten und sofort loslegen könnten. „Wenn 99 Prozent der Flüchtlinge aus Syrien anerkannt und 99 Prozent der Flüchtlinge aus Albanien abgelehnt werden, dann muss es doch möglich sein, in beiden Fällen sehr schnell zu entscheiden“, sagte er. Der Politiker forderte zudem die Europäische Union auf, vorübergehend auf eine europaweite Ausschreibungspflicht etwa bei Aufträgen für den Umbau einer Kaserne in ein Flüchtlingsheim zu verzichten. „Das muss ratzfatz gehen, und deshalb brauchen wir Dispens von der EU“, sagte Oppermann im Interview.

Angesichts der hohen Zahl neu ankommender Flüchtlinge sind etliche Bundesländer dabei, ihre Asylbehörden personell zu verstärken. Nach einer Umfrage in den Bundesländern reichen die Maßnahmen von Neueinstellungen über Umschichtungen von Mitarbeitern bis hin zur Reaktivierung von Ruheständlern.

Auch in Rheinland-Pfalz denkt man darüber nach, pensionierte Beamte einzusetzen, um den Stau bei den Asylanträgen abzubauen. Die rheinland-pfälzische Staatskanzlei hatte zu diesem Zweck auch einen Aufruf gestartet, dass sich Landesbedienstete freiwillig melden sollten, um beispielsweise die Erstaufnahmeeinrichtungen zu unterstützen. Die Landesbediensteten helfen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), bei der Clearingstelle des Trierer Amtes für Ausländerangelegenheiten und bei den Erstaufnahmeeinrichtungen.

In Hessen wollen rund 100 Ärzte freiwillig bei der medizinischen Betreuung von Flüchtlingen helfen. Die Mediziner reagierten mit ihrem Angebot auf einen Aufruf der hessischen Landesärztekammer und des Sozialministeriums. In einer Flüchtlingsunterkunft in Wetzlar ist am Freitag ein weiterer Fall von Hepatitis bekannt geworden. Unterdessen hat die Bundesregierung internationale Gipfelgespräche zur Flüchtlingskrise angekündigt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, das Thema werde in der kommenden Woche zunächst beim Besuch des französischen Staatspräsidenten François Hollande am Montag in Berlin auf der Agenda stehen. Zudem sei für die Westbalkankonferenz am Donnerstag in Wien ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Regierungschefs aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien geplant. Angesichts der gestiegenen Flüchtlingszahlen hat Städtebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg zudem einen EU-Sondergipfel gefordert.