Berlin/Belgrad

Balkan: Merkel warnt vor Flächenbrand

Angela Merkel
Kanzlerin Angela Merkel rechnet mit Putin ab. Foto: Paul Miller

Angesichts einer weiteren Zuspitzung des Konfliktes zwischen der Europäischen Union und Russland hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in ungewöhnlich scharfer Form vor einem Flächenbrand gewarnt.

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Von Gregor Mayntz und Eva Quadbeck

Hintergrund sind die offensichtlichen Versuche von Russlands Präsident Wladimir Putin, nach der Ukraine nun auch Balkanstaaten wie Serbien von einer Annäherung an die EU abzuhalten und sie in russischen Einflussbereich zu bekommen. „Es ist zu befürchten, dass Russland die Energielieferungen an Serbien als Erpressungspotenzial nutzt“, sagte der Unionsvize Andreas Schockenhoff unserer Zeitung.

Serbien: Putin genießt Ansehen

Der CDU-Außenexperte knüpfte damit an eine vertrauliche Analyse des Auswärtigen Amtes an, wonach Putin über Gaslieferungen, Militärzusammenarbeit und Investitionen in die serbische Infrastruktur Belgrad näher an Moskau binden und eine Annäherung an die EU verhindern will. Deshalb hat Russland nach Informationen aus diplomatischen Kreisen auch seine Präsenz in Serbien in jüngster Zeit erhöht. Wie groß das Ansehen Putins geworden ist, wurde bei seinem Besuch in Serbien im Oktober deutlich. Erst mit mehrstündiger Verspätung begann ein mit Merkel in Mailand vereinbartes Gespräch, weil Putin sich in Belgrad noch feiern ließ.

Putin
Kreml-Chef Putin während eines Flottenbesuchs im August.
Foto: Alexey Druginyn / Ria Novosti

Die Reise von Vizekanzler Sigmar Gabriel nach Serbien bekam deshalb über die seit Langem geplanten Wirtschaftsgespräche hinaus auch eine aktuelle politische Brisanz. Gabriel betonte, der Beitritt zur EU sei eine Entscheidung für Europa, für Demokratie, für Menschenrechte, für Meinungsfreiheit und für eine Unverletzlichkeit der Grenzen, nicht aber gegen ein anderes Land. Zum Abschluss ihres Australien-Besuches hatte die Bundeskanzlerin in scharfem Ton vor dem Putin-Kurs gewarnt. In altem Denken sehe Russland die Ukraine als seine Einflusssphäre und trete das internationale Recht mit Füßen. Merkel warf Moskau „Einflussnahme zur Destabilisierung der Ostukraine vor“.

Sie wolle keine Wiederbelebung der DDR-Zeiten, als ohne Zustimmung Moskaus keinerlei Bewegung möglich gewesen sei, hob Merkel hervor. Dies sei mit westlichen Werten nicht zu vereinbaren. „Es geht nicht nur um die Ukraine“, erläuterte Merkel und fuhr fort: „Es geht um Moldawien, es geht um Georgien, wenn es so weitergeht, kann man fragen, muss man bei Serbien fragen, muss man bei den Westbalkanstaaten fragen.“

In einem ARD-Interview räumte Putin den Militäreinsatz zur Annexion der Krim ein: „Unsere Streitkräfte haben die ukrainischen Streitkräfte blockiert, die auf der Krim stationiert waren“, sagte der russische Präsident. EU- und US-Sanktionen gegen Russland stellte er mit den Worten infrage: „Denken sie überhaupt nach, was sie tun?“ Früher oder später habe das nicht nur Auswirkungen für Russland, sondern auch für Deutschland.

Nach der Ausweisung einer deutschen Diplomatin aus Moskau forderte Russland jetzt auch fünf polnische Botschaftsmitarbeiter zum Verlassen des Landes auf. Zuvor hatte Warschau seinerseits russische Diplomaten ausgewiesen. In allen vier Fällen ging es um den Vorwurf von Spionagetätigkeiten.

Steinmeier warnt vor Gewalt

Die EU-Außenminister bereiten angesichts anhaltender Kämpfe in der Ostukraine Sanktionen gegen weitere Separatisten vor. Über die bisher betroffenen 119 Personen und 23 Unternehmen hinaus sollen weitere Adressaten mit Einreiseverboten und Kontensperrungen belegt werden.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte vor einer neuen Spirale der Gewalt. Er startet heute eine neue Mission in der Ukraine und anschließend in Moskau.