Games for Kids: Viel Spiel-Raum

Viel Spiel-Raum Foto: Luis Louro - Fot

Freizeit ist Medienzeit. Was der Medienpädagoge Dieter Baake bereits 1997 feststellte, ist heute mehr denn je Realität. Jeder Neunte der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland gibt laut der JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest aus dem Jahr 2015 an, jeden Tag sein Smartphone oder Handy zu nutzen. Jeder Vierte spielt täglich Computerspiele.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Marta Fröhlich beobachtet die Szene auf der Kölner Computerspielmesse 
Gamescom und beschäftigt sich in einer fünfteiligen Serie mit Computerspielen (Teil 1)

Doch während die Jugendlichen wie selbstverständlich mit Smartphone und Gamepad in der Hand aufwachsen, fällt der Eltern- und Großelterngeneration der Überblick über die Welt des Gamings immer schwerer.

Gemeinsam im Spiel

Die Geschichte der Computerspiele zeigt eine deutliche Tendenz zum Miteinander. Spielte man in den 80ern „Super Mario Bros.“ noch auf einer festen Konsole am heimischen Fernseher, schafft der bärtige Klempner Anfang der 90er-Jahre den Sprung auf die ersten tragbaren Spielgeräte. Das Connect-Kabel verbindet zwei Gameboys, um gegeneinander „Tetris“ zu spielen.

Mitte der 90er-Jahre treffen sich Dutzende Jugendliche zu sogenannten LAN-Partys. Ein Dutzend Rechner wird in einem Raum miteinander verbunden, um Spiele wie „Civilization“ oder den Ego-Shooter „Doom“ gegeneinander zu spielen. Doch schnell ersetzt der Internetanschluss das LAN-Kabel. Die sogenannten MMORPGs erobern die Computer. MMORPG steht für Massive Multiplayer Online Role-Playing Game, zu Deutsch Massen-Mehrspieler-Online-Rollenspiel. Zu Hunderten ziehen Spieler aus der ganzen Welt gemeinsam auf einer Spielkarte im Netz los – ohne den eigenen Schreibtisch zu verlassen. So zum Beispiel beim Spielehit „World of Warcraft“. Im neuen Jahrtausend reißen Bewegungsspiele wie zum Beispiel auf der Wii-Konsole die Spieler von der Couch. Heute spielen viele am liebsten mobil. Das Smartphone ersetzt mittlerweile einen leistungsfähigen PC und schickt mit Formaten wie „Pokémon Go“ seine Benutzer auf die Straße.

Computerspiele haben sich im Laufe der Zeit hin zum sozialen Miteinanderspielen entwickelt, ohne Onlineanschluss geht kaum noch was. Spieler tauschen sich über Chats auf der ganzen Welt aus, verbünden sich zu Clans oder verabreden sich auf einem Server zu einem Spiellauf. Doch so unterhaltsam und spannend die Gaming-Welt für Kinder und Jugendliche ist, sie sorgt nicht selten für hitzige Diskussionen zwischen den Generationen. Vielen Eltern fällt der Gedanke schwer, dass Computerspiele zum Alltag des Kindes gehören.

Portale bewerten Eignung

Es gilt, Regeln und Grenzen zu finden, die einen gesunden Umgang mit dem Computerspiel möglich machen. Dabei helfen Instrumente wie die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Sie geben Eltern Anhaltspunkte, ab wie viel Jahren bestimmte Spiele geeignet sind. Hilfreich sind auch Portale, auf denen Spiele hinsichtlich ihrer pädagogischen Eignung bewertet und in Altersklassen eingeordnet werden (siehe Kasten).

Kleine Pixel,  großes KinoIn einer fünfteiligen Serie beleuchtet unser Reporter Martin Boldt Trends der Spielekultur. Heute: Blockbuster-Games
Kleine Pixel, großes KinoIn einer fünfteiligen Serie beleuchtet unser Reporter Martin Boldt Trends der Spielekultur. Heute: Blockbuster-Games
Foto: namosh – Fotolia

Ist das richtige Spiel gefunden, bleibt die Frage, wie viel das Kind überhaupt spielen soll. Experten sprechen diesbezüglich eine deutliche Sprache: Kinder unter zwei Jahren sollen gar nicht am Bildschirm spielen – ebenso wenig fernsehen. Im Kindergartenalter dürfen Kinder laut dem Internetportal www.medien pass.nrw.de in Begleitung der Eltern in die Welt der Computerspiele circa 20 bis 30 Minuten am Tag hineinschnuppern. Grundschulkinder dürfen schon eine Dreiviertelstunde am Tag spielen, Jugendliche von 11 bis 13 Jahren eine Stunde am Tag. Medienpädagogen empfehlen hingegen, ein Wochenzeitkonto zu vereinbaren, das sich das Kind oder der Jugendliche selbst einteilen kann. Das A und O ist dabei, dass Spiele mit den Eltern reflektiert werden, Eltern und Kinder ins Gespräch über das Erlebte kommen.

Regeln konsequent einhalten

„Wichtig ist, ein gutes Verhältnis zu seinem Kind zu haben, mit ihm darüber zu reden, warum es welche Spiele spielt. Eltern sollten Interesse daran zeigen, sich mal danebensetzen und schauen, was der Reiz an dem Computerspiel ist. Es auch mal selbst ausprobieren“, erklärt Diplom-Psychologin Tabea Rosenkranz von der Ambulanz für Spielsucht der Uni Mainz. Dort können Familien per Hotline einen Rat einholen, in der Ambulanz führt Rosenkranz auch diagnostische Gespräche zur Abklärung einer Computerspielsucht.

Warnzeichen für eine Spielsucht des Kindes kann laut der Expertin sein, dass das Kind immer wieder vereinbarte Regeln bricht, das Internetpasswort knackt oder ein verstecktes Kabel sucht. „Dann ist das Verlangen offensichtlich so groß, dass man etwas tun muss“, sagt Rosenkranz. Abhilfe schafft eine schriftliche Vereinbarung von Regeln, die konsequent eingehalten werden müssen. „Erfolge sollten belohnt werden, aber nicht mit der Lockerung der Regeln“, schränkt die Expertin ein. Das Ziel sollte immer ein selbst bestimmter und verantwortungsvoller Umgang mit dem Medium Computerspiel sein. Wenn es gut läuft, darf die Situation aber auch neu besprochen und nachverhandelt werden, tröstet die Expertin.