Zwischenstopp mit Ambition: Festspiele nach Flimm, vor Pereira

Für ein Jahr gibt der Musiker Markus Hinterhäuser bei den Salzburger Festspielen den Ton an. Unaufgeregt und umsichtig komponiert er ein Programm, das einige Überraschungen verspricht.

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Für ein Jahr gibt der Musiker Markus Hinterhäuser bei den Salzburger Festspielen den Ton an. Unaufgeregt und umsichtig komponiert er ein Programm, das einige Überraschungen verspricht.

Salzburg (dpa) – Eigentlich ist es eine undankbare Aufgabe: Ein Jahr lang nur leitet der Musiker Markus Hinterhäuser die Salzburger Festspiele. Da könnte einer schon versucht sein, mit großen Gesten auf sich aufmerksam zu machen. Hinterhäuser fährt einen anderen Kurs. Zwischen seinem Vorgänger Jürgen Flimm und seinem Nachfolger Alexander Pereira fächert er ein Programm auf, das Ambition verrät, aber auf vordergründige Effekte verzichtet.

Die Richard Strauß-Oper „Frau ohne Schatten“ mit Dirigent Christian Thielemann, die exzentrische Janacek-Rarität „Die Sache Makropulos“ mit Regisseur Christoph Marthaler, Mozarts Da-Ponte-Zyklus mit drei verschiedenen Orchestern: Hinterhäuser setzt behutsam Akzente und ordnet große Namen einem leisen Konzept unter. „Das Ohr aufwecken, die Augen, das menschliche Denken“ – mit diesem Satz des Musikers Luigi Nono hat er seinen Salzburger Sommer überschrieben.

Dabei sucht er nicht nach Aufsehen erregender Originalität. „Das Zeitgemäße muss sich durch die Programmatik erschließen“, erklärte Hinterhäuser im Vorfeld seinen Ansatz. Mit diesem Credo hatte er bereits früher die Schiene „Zeitfluss“ mitgestaltet. Später holte Intendant Jürgen Flimm den erfolgreichen Experten für Zeitgenössisches für das gesamte Konzertprogramm an seine Seite.

Daher ist Hinterhäuser kein Unbekannter in Salzburg. Kritiker bescheinigen ihm eine glückliche Hand bei der Programmgestaltung, tiefgehende Kenntnis der Materie und nicht zuletzt eine gute Vernetzung in der Szene. Besucher schätzen ihn für seine kenntnisreiche Programmierung.

Für das Schauspiel steht dem Musiker der Dramaturg Thomas Oberender zur Seite. Und auch er bringt große Namen mit spannenden Projekten: Hartgesottenen Theaterfreaks serviert Oberender auf der Halleiner Perner-Insel einen neunstündigen Faust-Marathon des Regisseurs Nicolas Stemann. Für die Anstrengung entlohnt ein Theater-Picknick im Garten von Schloss Leopoldskron, ein Studentenprojekt auf Basis von Shakespeares' „Sommernachtstraum“.

Aktuelles steht mit zwei Uraufführungen auf dem Programm: Roland Schimmelpfennig inszeniert seinen neuen Text „Die vier Himmelsrichtungen“ im Landestheater, und Dimiter Gotscheff kümmert sich um Peter Handkes neues Stück „Immer noch Sturm“.

Nur an das Allerheiligste des Festivals, Hugo von Hofmannsthals Mysterienspiel „Jedermann“, legen weder Intendant noch Schauspieldirektor Hand an. Der Festspiel-Dauerbrenner kommt zum zehnten Mal in der überarbeiteten Fassung von Christian Stückl – mit Nicholas Ofczarek als Jedermann und Birgit Minichmayr als Buhlschaft.

Er habe durchaus überlegt, eine Neuinszenierung in Angriff zu nehmen, sagte Oberender der Nachrichtenagentur APA. „Aber ich möchte den Salzburger “Jedermann„ auch vor dem Regietheaterzirkus bewahren“, gestand der Schauspielchef: „Hier geht es um das Stück und die Schauspieler“. In diesem Sinne könnte behutsamer Respekt den Salzburger Sommer 2011 beherrschen. Oder, wie Intendant Hinterhäuser das Gelingen eines Programms definiert: „Das Schönste ist, wenn der ganze Saal ein Ohr, ein einziges Hören wird – dann stimmt es.“