Hemingway – ein Meisterwerk neuen Typs

Ernest Hemingway
Es sei ein Jagdunfall gewesen, sagte seine Witwe: Ernest Hemingway. Foto: DPA

Vor 50 Jahren starb der US-amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway. Er zählte die Wörter, die er geschrieben hatte. „Autoren sollten stehend an einem Pult schreiben. Dann würden ihnen ganz von selbst kurze Sätze einfallen“, war Ernest Hemingway (1899-1961) überzeugt.

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Kurze Sätze waren das Markenzeichen des US-amerikanischen Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers, der sich am 2. Juli vor 50 Jahren in seinem Haus in Ketchum/Idaho erschossen hat.

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Hemingway wollte einzig als Schriftsteller gelten. Aber er war auch ein Jäger und Kämpfer, der im Angesicht des Todes die Macht des Lebens spüren wollte. Den Kitzel der Jagd und des Fischens hatte er auf den Streifzügen mit seinem Vater, einem Landarzt, in den Wäldern von Michigan kennengelernt. Auch sein Vater beging im Jahr 1928 Suizid. Der Sohn dagegen pries in seinen Büchern jahrzehntelang die Kraft des triebhaften Lebens.

In Oak Park, einem Vorort von Chicago/Illinois, am 21. Juli 1899 geboren, besuchte Hemingway die Oak Park Highschool. Mit 18 Jahren begann er als Lokalreporter des „Kansas City Star“ seine Karriere als Autor, meldete sich aber schon ein halbes Jahr später als Freiwilliger zum Sanitätsdienst an der österreichisch-italienischen Front des Ersten Weltkriegs. Als sein Bein von Granatsplittern zerfetzt wurde, war er dem Tod nahe.

Erst zehn Jahre später hat Hemingway seinen Einsatz in Italien und seine Liebe zu einer Krankenschwester in Mailand in seinem Roman „In einem fremden Land“ verarbeitet, der unter Literaturkritikern als sein bester gilt. „Ein Buch der großen Schlichtheit und Aufrichtigkeit, ein wahrhaft männliches Buch, ein Meisterwerk neuen Typs“, urteilte sein deutscher Kollege Thomas Mann.

Das Todeserlebnis ließ Hemingway sein Leben lang nicht mehr los: 1922 meldete er sich als Reporter an die Front des griechisch-türkischen Kriegs, 1937 berichtete er über den Spanischen Bürgerkrieg. Auch seine Obsessionen für den spanischen Stierkampf und für Großwildsafaris in Afrika haben hier ihre Wurzeln.

Stilprägend aber wurden für ihn seine Erfahrungen als Korrespondent des „Toronto Star“ in Paris. Dort schloss er sich in den 20er Jahren dem intellektuellen Kreis der sogenannten „Lost Generation“ der Nachkriegszeit um Gertrude Stein, Ezra Pound und F. Scott Fitzgerald an. Stein brachte ihm die Kunst der Reduktion bei. Nach ersten Kurzgeschichten gelang Hemingway 1927 der Durchbruch mit dem Roman „Fiesta“.

Kurze Aussagesätze prägten fortan Hemingways Prosa. „Die Würde, die in der Bewegung eines Eisberges liegt, beruht darauf, dass nur ein Achtel von ihm über Wasser ist“, umschrieb er seine Poetik. Seine Texte leben von autobiografischer Verdichtung. „Wem die Stunde schlägt“, sein Roman aus dem Spanischen Bürgerkrieg (1940), wurde ein Bestseller. Das Buch wurde mit Ingrid Bergmann und Gary Cooper in den Hauptrollen verfilmt, die Kurzgeschichte „Schnee auf dem Kilimandscharo“ (1936) mit Gregory Peck und Susan Hayward.

Doch die Rezensenten waren nicht mehr zu überzeugen. Auch nicht von dem Roman „Haben und Nichthaben“ (1937), verfilmt mit Humphrey Bogart und Lauren Bacall. Erst mit seiner Geschichte eines alten kubanischen Fischers, der seinen gefangenen Schwertfisch vergeblich gegen Haie verteidigt, konnte Hemingway noch einmal an frühere Erfolge anknüpfen: Für „Der alte Mann und das Meer“ wurde er 1953 mit dem Pulitzer- und 1954 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. In der gleichnamigen Verfilmung erreicht der Schauspieler Spencer Tracy in der Rolle des Titelhelden Santiago den Höhepunkt seiner Filmkarriere.

Im Zweiten Weltkrieg nahm Hemingway 1944 an der Invasion der Alliierten als Kriegsberichterstatter teil und zog mit ihnen in Paris ein. Zwei Jahre später kehrte er nach Kuba zurück, wo er seit 1938 zu Hause war und mit seiner aufgerüsteten Privat-Yacht deutsche U-Boote zur Strecke bringen wollte.

Als sein Realitätsverlust und seine Depressionen zunahmen, zog der alkoholkranke Hemingway mit seiner vierten Frau 1958 nach Idaho. Dort holte ihn die bipolare Störung, die ihn stets umgetrieben hatte und ihn zwischen Depression und Manie schwanken ließ, endgültig ein. „Wenige Amerikaner haben auf das Gefühlsleben und die Haltung des amerikanischen Volkes eine größere Wirkung ausgeübt als Hemingway“, sagte Präsident John F. Kennedy nach dem Suizid des Schriftstellers.

Heute ist Hemingway vor allem zur Marke geworden. Internethändler vermarkten „Hemingway-Angelschnüre“, Bars eröffnen unter seinem Namen. Sie leben von den Hemingway-Legenden eines Machos, Trinkers, Jägers und Abenteurers.