Koblenz

Klassik macht „Ah“: Man ist nie zu jung für gute Musik

Darf es für Kinder auch mal etwas mehr sein? in dieser kleinen Besetzung wäre Ravels "Boléro" denkbar - bei den "Klassik macht Ah!"-Konzerten am Wochenende treten Birgit Salzwedel (Piccoloflöte), Michael Zeller (Schlagzeug) und Dirigent Daniel Raiskin mit der Rheinischen Philharmonie auf. 
Darf es für Kinder auch mal etwas mehr sein? in dieser kleinen Besetzung wäre Ravels "Boléro" denkbar - bei den "Klassik macht Ah!"-Konzerten am Wochenende treten Birgit Salzwedel (Piccoloflöte), Michael Zeller (Schlagzeug) und Dirigent Daniel Raiskin mit der Rheinischen Philharmonie auf.  Foto: Thomas Frey

An diesem Samstag feiert ein außergewöhnliches Konzertprojekt seine Rheinland-Pfalz-Premiere: Das Musik-Institut Koblenz präsentiert in der Rhein-Mosel-Halle in Koblenz „Klassik macht Ah!“ mit den Kinderkanal-Moderatoren Shary Reeves und Ralph Caspers sowie dem Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter der Leitung ihres Chefdirigenten Daniel Raiskin.

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Von unserem Kulturchef Claus Ambrosius

Damit nimmt das Koblenzer Musik-Institut eine Tradition von Konzerten für junges Publikum wieder auf – und der Erfolg ist überwältigend: Die Karten des außerhalb der Anrechtsreihe angebotenen Konzertes – die Rhein-Mosel-Halle bietet 1400 Sitzplätze – waren im Nu ausverkauft.

Anders als andere Kinderkonzerte

Vielleicht auch deshalb, weil „Klassik macht Ah!“ eben kein normales Kinderkonzert ist: Da sind auf der einen Seite die aus dem Kinderkanal bekannten und beliebten Moderatoren der „Wissen macht Ah!“-Sendung, die natürlich für Aufmerksamkeit sorgen. Aber dieses Konzert fällt auch unter anderen Gesichtspunkten aus dem Rahmen, angefangen mit dem Programm: „Viele Kinderkonzerte präsentieren Musik, die eigens für junge Zuhörer geschrieben wurde“, sagt Michael Zeller, Schlagzeuger bei der Rheinischen. „Da ist ,Peter und der Wolf' ein Paradebeispiel unter vielen. Und hier spielen wir eben Musik, die auch sonst auf dem Programm eines Sinfoniekonzertes stehen könnte.“

Daniel Raiskin, Chefdirigent der Rheinischen und durch mehrere „Klassik macht Ah!“-Konzerte mit dem Konzept bestens vertraut, hat bei dem in Koblenz und tags drauf in Ludwigshafen erklingenden Programm „Schneller! Höher! Weiter!“ mitgewirkt: „Richtig, wir spielen ganz normale Orchesterliteratur – nicht in der vollen Länge, das haben wir natürlich an das Alter der Zuhörer angepasst. Wir erzählen Geschichten durch Musik – und das fesselt die Kinder.“ Ein großes Orchester auf der Bühne: Das bietet eben alle Klangfarben, Raiskin erklärt das etwa mit Nikolai Rimski-Korsakows „Capriccio Espagnol“: „Das ist eine Parade der Möglichkeiten eines Orchesters, voll von Soli und Kadenzen – die Bilder wechseln schnell, es ist wie eine Revue für Kinder – und kein Stück, in dem lange Teile gleichen Charakters die Aufmerksamkeit der Kinder verlieren.“

Gemeinsam mit Kollegen des Norddeutschen Rundfunks, die das „Klassik macht Ah!“-Konzept initiiert haben, hat Raiskin überlegt, welches Repertoire eingebunden werden kann. Voraussetzung: So viele Orchesterbeiträge wie möglich im großen Format: „Das ist für Kinder wie mit den Erwachsenen: Je mehr Leute auf der Bühne sind, desto spannender ist es.“

Dazu kommt jede Menge Projektionstechnik, damit auch alle die Wettspiele um Tonhöhen, Lautstärken und Instrumentendimensionen mitbekommen.

Manchmal geht's auch ohne „Ah“ weiter

Gewisse Chancen in puncto möglichst hoher Frequenzen kann sich Birgit Salzwedel mit ihrer Piccoloflöte ausrechnen, die ihre übersichtliche Größe ja schon im Namen trägt. Die Flötistin spielt seit 1996 im Staatsorchester – und sie hat rückblickend selbst keinen echten „Klassik macht Ah!“-Moment bereit, an den sie sich erinnern könnte: „Ich bin über das Musizieren dazu gekommen“, erzählt sie. Erst Blockflöte in der Kirche, dann Klavier, die unterstützenden Eltern empfahlen ein Instrument, das auch im Orchester eingesetzt ist – so kam es zur Profilaufbahn.

Ihr Orchesterkollege, Michael Zeller, der mit Instrumenten der Schlagzeuggruppe auf Titeln in Disziplinen wie Schnelligkeit und Lautstärke hoffen darf, hatte sein „Ah!“-Erlebnis in der süddeutschen Heimat. Die großen Jahreskonzerte der sinfonischen Blasorchester enthielten immer auch Bearbeitungen klassischer Musik – so kam die Ahnung auf, dass es noch viel mehr gibt als Marschmusik und Co. Daniel Raiskin schließlich, der aus einer Musikerfamilie stammt, durfte schon als kleiner Junge seine Hände auf die des Vaters legen, wenn dieser Klavier spielte – er erinnert sich heute noch an das intensive Gefühl. Und an die Geigenklassen der Musikschule seiner russischen Heimat, in der er das Spiel im großen Ensemble genoss. Das ganz große „Ah!“ blieb aber dem Moment vorbehalten, in dem Raiskin erstmals vor dem Orchester stand und dirigierte: „Es gibt nichts Schöneres, als anderen sagen zu dürfen, wie sie spielen sollen. Das Gefühl und die Magie, den Klang in der Hand zu haben und mitgestalten zu können und andere zu motivieren, war mein ,Klassik macht Ah!'-Erlebnis. Das funktioniert bis heute noch – und ich mache das jedes Mal noch gern.“

Mit gutem Beispiel vorangehen

Die Konzerte sind empfohlen für Besucher ab acht Jahren – aber wann ist die beste Zeit, Kinder mit Klassik zusammenzubringen? Darauf hat Raiskin sofort eine klare Antwort: „Man kann gar nicht zu jung sein für gute Musik. Wenn man das zu Hause erlebt wie Zähneputzen oder das Vorlesen vor dem Zubettgehen, gehört das zum Leben dazu wie Sauerstoff.“ Er ging natürlich als gutes Beispiel voran – wurde aber in der Auswahl von seinem Sohn korrigiert: „Er wollte seine ersten sechs Monate nur Brahms-Streichsextett hören – keinen Mozart, da hat er gemeckert.“ Eine Vorliebe, die sich noch einmal gewandelt hat – heute spielt Raiskin junior Schlagzeug.