Interview mit Bastian Pastewka: Leben als Unperfekter

Wenn ein Film einen Comedian zum Lachen bringt, ist das ein gutes Zeichen: Bastian Pastewka spricht im neuen Disneyfilm „Baymax“ die Hauptrolle – den knuffeligen Gesundheitsroboter.
Wenn ein Film einen Comedian zum Lachen bringt, ist das ein gutes Zeichen: Bastian Pastewka spricht im neuen Disneyfilm „Baymax“ die Hauptrolle – den knuffeligen Gesundheitsroboter. Foto: dpa

Man lacht über ihn, wenn man ihn im Fernsehen sieht. Man kann aber auch prima mit ihm lachen – das merkt man, wenn man ihn interviewt: Bastian Pastewka. Derzeit ist er als Stimme des Roboters Baymax im Kino zu hören.

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Warum dürfen Sie den Pflegeroboter Baymax in der deutschen Version sprechen? Weil Sie so gern andere Menschen pflegen oder weil Sie so flauschig ... äh ...

Sie meinen, weil ich zugenommen habe? (lacht auf) Unverschämtheit! Aber nein, ich weiß nicht, warum ich gefragt wurde – ich weiß nur, dass ich mich riesig gefreut habe, als die Anfrage kam. Ich hatte nämlich im Internet zuvor ein paar Trailer des Films gesehen und sehr darüber gelacht. Ich liebe diese Figur: Er bläst sich wie ein Airbag aus einem Erste-Hilfe-Kasten auf, sagt: „Guten Tag, mein Name ist Baymax, Ihr persönlicher Gesundheitsroboter, was kann ich für Sie tun?“ Dann scannt er den Körper des Gegenübers und sagt: „Sie haben eine leichte Verletzung am Unterarm. Hier ist Eisspray.“ Das ist sehr, sehr komisch. Eine wundervolle Cartoonfigur, ich habe über den Humor dieses Films sehr laut gelacht.

Verarzten Sie jetzt in der Nachbarschaft die Leute in Baymax-Manier?

Scannen kann ich die Leute leider nicht; ich bin eher der Typ, der an den Menschen vorbeiläuft und keine Ahnung mehr hat, dass ich ihnen gestern noch „Guten Tag“ gesagt habe. Ich bin wahnsinnig vergesslich und habe kein gutes Namensgedächtnis. Vermutlich scheuen sich meine Nachbarn deshalb davor, mich darum zu bitten, sie zu heilen. Ich wäre da eher ein Freund der Idee, selbst einen Pflegeroboter zu Hause zu haben.

Wie sind Sie denn handwerklich so drauf? Dann könnten Sie sich ja einen basteln!

Oh, ich habe als Kind schon eher die Finger von solchen Bastelsätzen gelassen. Ich kann mich nicht daran erinnern, viel zusammengebaut zu haben. Das Malen war eher meins, ich habe auch viel Musik gemacht, Comics gelesen und Hörspiele gehört. Ich war nicht der Junge, der sein Leben darauf ausrichtete, technische Maschinen zu bauen.

Sie hätten also eher einen Roboter gemalt.

Vielleicht im Kunstunterricht. Doch dort hatte ich es immer schwer: Wenn ich es mal geschafft hatte, ein doofes Kastanienmännchen in drei Stunden zu bauen, dann hat mir mein Lehrer eine freundliche Vier minus gegeben im Zeugnis: „Hat sich redlich bemüht, dem Kunstunterricht zu folgen.“

Was übersetzt hieß ...

„War ein totaler Vollpfosten.“ Genau.

Denken Sie, dass sich in Zukunft Roboter um uns kümmern?

Ich glaube nicht. Und ich hoffe, dass wir Menschen einen anderen Weg finden, aufeinander aufzupassen, ohne unser Mitgefühl irgendwann zu verlieren. Ich mag die Vorstellung nicht, dass man sich nur noch nach vorherigem Download als vollwertiger Mensch begreift. Bei allem technischen Schnickschnack, der uns gerade aufgezwungen wird, haben wir im Kern doch das große Glück, eine Persönlichkeit zu sein mit allen Unzulänglichkeiten und Fehlern oder mit – wie in meinem Fall – leichtem Übergewicht. Das macht uns spezifisch und im besten Fall liebenswert und besonders.

Das ist schön, dass Sie Ihre Unzulänglichkeiten so humorvoll annehmen können.

Das ist sehr wichtig. Man muss sich frei davon machen, nur anderen Menschen gefallen zu wollen und sich im Spiegel derjenigen zu sehen, die einen betrachten. Deshalb gibt es Schönheits-OPs und unfassbar viele sinnlose Beautytipps, deshalb gibt es Diätpillen – dieser Quatsch interessiert mich nicht. Das hat mich auch nie interessiert. Dazu braucht es auch keinen besonderen Mut! Ich glaube daran, dass Glück einen nicht anfliegt, sondern dass man sich eine Art von Glückseligkeit selbst verschaffen kann: indem man in sich reinhört und merkt, dass es ein Selbstbestimmungsrecht gibt, das über das Gruppenverhalten hinausreicht. Natürlich vergleichen wir uns mit anderen, da kommen wir nicht drumherum. Aber eine kritische Distanz zu sich selbst und zu den anderen kann sehr helfen. Man muss nicht immer jeden Quatsch mitmachen, das hat meine Oma schon gesagt.

Und haben Sie auf Ihre Oma gehört?

Natürlich nicht!

Aber wollen nicht gerade Sie als Prominenter anderen gefallen? Sonst werden Sie ja nicht beklatscht.

Nein, ich glaube nicht, dass es um „gefallen“ geht, das verbindet sich zu sehr mit „gefällig sein“, also seine innere Botschaft vorab mit dem Konsens der Mehrheit gleichzusetzen. Natürlich freut es mich, wenn das geneigte Publikum über mich lacht, aber ich möchte auch, dass Reibung erzeugt wird und gegebenenfalls Unverständnis. Ich habe relativ früh gemerkt, dass es nichts gibt, womit ich anderen gefallen kann. Als ich das verstanden habe, war ich auf der sicheren Seite. Deshalb konnte ich beispielsweise in meiner Fernsehserie „Pastewka“ eine Antiversion von mir entwickeln. Darauf sind die Fans der Serie angesprungen! Es war früh klar, dass ein Superheld mit mir nicht zu machen ist. Aber manchmal gehört doch gar nicht viel dazu, ein Held zu sein. Man ist es unabsichtlich mehrmals am Tag – meistens, ohne es selbst zu wissen.

Und dabei träumt man manchmal von Superkräften, um den Alltag zu meistern.

Das habe ich als Kind schon getan, da wollte ich immer zaubern können. Ich wollte keine Kaninchen im Hut verschwinden lassen, sondern mit einem Handstreich wie allmächtig irgendeinen Wunsch erfüllt bekommen. Natürlich wollte ich in erster Linie einfach mit einem Wisch plötzlich vor dem Fernseher sitzen und „Bernard und Bianca“ ansehen – was meine Eltern mir verboten hatten, weil ich zu oft vor der Kiste saß.

Die Geschichte von „Baymax“ spielt in San Franzokyo, einer Mischung aus San Francisco und Tokio. Welche deutschen Städte müssten unbedingt fusionieren?

Oh, egal mit welcher deutschen Stadt man Berlin kreuzen würde, es käme etwas Spannendes dabei heraus. Und auf jeden Fall ein funktionierender Flughafen. Ich komme ja oft in kleinere Städte, und dort beschleicht mich das Gefühl, dass diese schon vor Jahren miteinander gekreuzt wurden, weil die Innenstädte so austauschbar sind. Dieselben Läden, dieselben Freizeiteinrichtungen, dieselben Industriegebiete mit Baumarkt und Fast-Food-Drive-in. Da würde ein bisschen mehr Individualität nicht schaden. Oder man kreuzt Bendorf und Vallendar miteinander.

Bitte? Sie kennen sich im Großraum Koblenz aus und sprechen „Vallendar“ auch noch richtig aus?

Ja, da sind Sie platt! Ich bin ja früher sehr oft in Koblenz in der „Blauen Biwel“ aufgetreten, und dort hat man mich mal in die Geheimnisse der Region eingeweiht. Seitdem weiß ich, dass man Vallendar nicht mit Vase-V, sondern mit Vater-V ausspricht.

Sensationell. Sie könnten Staumeldungen im Radio machen!

(lacht) Davon träume ich seit Jahren, endlich spricht es mal jemand aus!

Das Interview führte Michael Defrancesco

Hintergrund

Biografie Bastian Pastewka wurde 1972 in Bochum geboren. Einem breiten Publikum wurde er Ende der 90er-Jahre durch die Sketchsendung „Die Wochenshow“ bekannt, in der er fiktive Figuren wie Brisko Schneider und Ottmar Zittlau aus der Taufe hob, sowie im neuen Jahrtausend durch die Serie „Pastewka“.

Der Film „Baymax“ ist derzeit in den Kinos zu sehen. Erzählt wird die Geschichte des Jungen Hiro. Sein großer Bruder stirbt (war es Mord?) – und hinterlässt Hiro einen selbst gebauten Roboter namens Baymax. Baymax ist darauf programmiert, Menschen zu heilen. Er erkennt sofort, dass Hiro unter dem Tod seines Bruders leidet – also tut Baymax alles, um Hiro zu heilen. Zum Beispiel hilft er Hiro dabei, den Mörder seines Bruders zu jagen.