Mainz

Wer daheim ist, will nicht lange bleiben

Gehören Sie auch zu denen, die sagen: „Wir fahren nicht in Urlaub, wenn alle fahren. Wir genießen Mainz, wenn andere weg sind.“

Lesezeit: 1 Minute
Anzeige

Mainz – Gehören Sie auch zu denen, die sagen: „Wir fahren nicht in Urlaub, wenn alle fahren. Wir genießen Mainz, wenn andere weg sind.“ Mal ehrlich: Glauben Sie das? Sind Sie nicht tief im Innern von Gram und Neid zerfressen, weil Sie sich vorstellen, was andere unterwegs weit weg von Mainz erleben? Gut, Sie haben vom Rheinufer aus einen herrlichen Blick. Auf Wiesbaden. Aber denken Sie daran, was andere haben: Augenschmaus, Wohlgerüche, Gaumen- und Nervenkitzel!

Ich wäre jetzt gern in den Schweizer Bergen. NRW will dort Steuersünder-Daten kaufen. Gemeinsam mit einer kleinen Truppe Finanzbeamter würde ich mich an einem Wasserfall abseilen und vor Lauschangriffen geschützt gegen ein dickes Bündel Euros (der Schweizer liebt Euros, unmarkiert in kleinen Scheinen) von einem panischen Bankangestellten eine CD kaufen. Das wär romantisch! Eine CD! Gibt es doch kaum noch. Vielleicht aus Schelllack! Voll Retro. Das ganze Steuerstrafrecht ist so. Dort gibt es noch das Sakrament der Beichte. Wer seine Schuld gesteht, gibt drei Vaterunser und sechs Prozent Zinsen, und die Sünden sind ihm vergeben.

Schön die Tour de France mit Bergkäse und Baguette, so knusprig, dass man Zahnfleischbluten bekommt, dazu Rotwein. Dann an der Strecke stehen und die armen Säcke kommentieren, die mit roten Köpfen an einem vorbeiächzen. Ein Handzettel mit Übersetzungen hilft, so kann man jedem Fahrer in seiner Muttersprache etwas Passendes zurufen. Mal ein aufmunterndes „Quäl dich, du Sau!“, mal ein hilfreiches: „Do you want an e-bike?“.

Oder Stau-Surfen. Nach einem Einführungskurs auf der Schiersteiner Brücke ging’s für den Gesellenbrief auf die A8 München-Salzburg. Und dann würde ich mir den schwarzen Gürtel im Stau-Surfen holen, auf der Autobahn Richtung Mittelmeer. Die Strecke Paris-Lyon hält den Weltrekord: 176 Kilometer Stau. Am Stück.

Also: Nix wie weg, nix wie hin!

Büb Käzmann alias Markus Höffer-Mehlmer ist Kabarettist und lebt gerne in Mainz (www.bueb-kaezmann.de)