Mainz

Stichelwahl und weißer Rauch

Bei der Papstwahl werden nach jedem Wahlgang die Stimmzettel verbrannt. Solange es keine Mehrheit für einen Neuen gibt, mixt man Kokel-Kräuter unter die Zettel, so dass sie schwarz qualmen.

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Mainz – Bei der Papstwahl werden nach jedem Wahlgang die Stimmzettel verbrannt. Solange es keine Mehrheit für einen Neuen gibt, mixt man Kokel-Kräuter unter die Zettel, so dass sie schwarz qualmen.

Weißer Rauch steigt erst auf, wenn einer eine Mehrheit hat. Auch wenn die Stimmzettel in Mainz nicht verbrannt werden, am Sonntagabend steigt vom Rathaus weißer Rauch auf. Zwei Wochen vorher war er noch schwarz, für Schwarze sogar tiefschwarz. (Manche Kalauer muss man einfach mitnehmen.)

Am Sonntag kann sich jeder von uns wie ein Kardinal fühlen, der mit seinem Zettel über die Zukunft der Stadt entscheidet. Liebhaber derber Wahlkampfkost beschweren sich, dass die Kontrahenten so gar nicht aufeinander eindreschen wollen, sondern sich gegenseitig Respekt bezeugen und allenfalls kleine Spitzen wie „Ich bin nicht impulsiv“ (Ebling) oder „Ich kann nicht nur Politik“ (Beck) loslassen. Die Kritiker lästern, das sei keine Stichwahl, sondern eine Stichelwahl.

Ich dagegen kann dem Gentleman-Stil einiges abgewinnen. Lebbe geht weiter. Auch nach der Wahl. Und der OB der Landeshauptstadt sollte mit dem Bildungsstaatssekretär genauso zurecht kommen wie der OB mit seinem Finanzbürgermeister.

In Berlin ist gestern schon weißer Rauch aufgestiegen und diesmal war es nicht Helmut Schmidt mit seinen Menthol-Zigaretten. Wir haben einen neuen Bundespräsidenten. Die Gesellschaft für Deutsche Sprache ist schon sehr gespannt, ob dieser Präsident für ein neues Tuwort taugt, so wie einige seiner Vorgänger. Manche waren da sehr produktiv.

Ich weiß gar nicht, wie wir früher ohne das Wort „wulffen“ ausgekommen sind. Was könnte man stattdessen sagen? „Klüngeln“ trifft’s nicht, „schmarotzen“ auch nicht. Beim „Köhlern“ ist das einfacher. Hier schlägt der Duden die Umschreibung „als beleidigte Leberwurst abzischen“ vor. Wie wird das nächste neue Tuwort heißen? Gaucken? Gauckeln? Und was wird es bedeuten? Ich bin sicher, der Frischgewählte findet in unserer Sprache eine Nische.

Büb Käzmann alias Markus Höffer-Mehlmer ist Kabarettist und lebt in Mainz (www.bueb-kaezmann.de)