Altenkirchen

Pressekonferenz vom Kreises Altenkirchen empört Journalisten

Sie kamen, einer sprach, sie gingen: Die Kreisverwaltung um Michael Lieber lud zur Pressekonferenz zum Missbrauchsfall Fluterschen, die sich auf das Vorlesen der Pressemitteilung beschränkte - Rückfragen nicht möglich.
Sie kamen, einer sprach, sie gingen: Die Kreisverwaltung um Michael Lieber lud zur Pressekonferenz zum Missbrauchsfall Fluterschen, die sich auf das Vorlesen der Pressemitteilung beschränkte - Rückfragen nicht möglich. Foto: Jürgen Vohl

Eigentlich hatte der Kreis Altenkirchen das Jugendamt nach dem Missbrauchsfall in Fluterschen aus der Schusslinie nehmen wollen. Nach einer birzarr geendeten Pressekonferenz waren die Inhalte aber zunächst zweitrangig.

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Altenkirchen – Eigentlich hatte der Kreis Altenkirchen das Jugendamt nach dem Missbrauchsfall in Fluterschen aus der Schusslinie nehmen wollen. Nach einer bizarr geendeten Pressekonferenz waren die Inhalte aber zunächst zweitrangig.

25 Minuten lang hatte Landrat Michael Lieber (CDU) die Vorgeschichte des Falls dargestellt und erläutert, wieso dem Jugendamt aus seiner Sicht nichts vorzuwerfen ist. Nachdem er das Statement (hier im Wortlaut) abgelesen hatte, standen er und die weiteren Mitarbeiter des Kreises auf und verließen den Raum – keine Möglichkeit für Nachfragen. Zurück ließen sie 40 bis 50 völlig konsternierte und empörte Journalisten. „Ich fühle mich ans Politbüro der DDR erinnert“, meinte etwa Thomas Finder, der für das ProSieben-Magazin „taff“ berichtet. Etwas Vergleichbares sei ihm in seiner beruflichen Laufbahn noch nicht passiert. Ein anderer Journalist meinte, wenn es zuvor um die Rolle des Jugendamts gegangen sei, müsse nun eher der Landrat zurücktreten.

Es folgte ein Nachlauf- und Versteckspiel. Die Mitarbeiter der Kreisverwaltung zogen sich in einen benachbarten Raum zurück und hielten die Tür von innen zu. Zunächst hieß es, dort finde nun eine Besprechung statt, die zumindest eine Stunde dauern werde. Nachzulesen ist das Geschehen auch in unserem Live-Ticker.

Lieber hatte eingangs „wegen der sehr sorgfältigen rechtlichen Prüfung der Mitteilung zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte“ um Verständnis gebeten, keine weiteren Stellungnahmen abgeben zu wollen. In seiner Verlautbarung legt Lieber aus seiner Sicht dar, dass das Jugendamt alle angemessenen Maßnahmen ergriffen habe. So sei nach einem Hinweis 2002 die Kripo eingeschaltet worden, den betroffenen Kindern und Stiefkindern von Detlef S. seien Hilfen angeboten worden, darunter auch die Unterbringung an einem geeigneten Ort. Bei Befragungen der Kinder sei Detlef S. auch nie belastet worden. Beweise für Missbrauch habe es nie gegeben, auch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Verdachts der Misshandlung und des Missbrauchs seien ergebnislos eingestellt worden. Lieber kündigte aber an, dass ein pensionierter Familienrichter als neutraler Außenstehender das Verwaltungshandeln auch noch untersuchen wird.

Der Landrat sprach auch davon, dass Detlef S. ein „System der völligen Abschottung“ nach innen und außen gelebt habe, dass die Vorgänge erst möglich gemacht habe. Er kritisierte, dass die Kinder, die Detlef S. mit seiner Stieftochter Natascha S. gezeugt hat, in den Medien zum Teil falsch als „Inzestkinder“ bezeichnet würden. Das belaste die Kinder zu dem erlittenen Leid zusätzlich. Ein Lichtblick in dem Fall sei der liebevolle Umgang von Natascha S. mit den Kindern. (law/nh)