Philippinen

November 2013: Taifun hinterlässt Chaos

Ein Bild der Verwüstung: Die Stadt Tacloban auf der philippinischen Insel Teyte versinkt nach dem Taifun "Haiyan" im Chaos. Foto:
Ein Bild der Verwüstung: Die Stadt Tacloban auf der philippinischen Insel Teyte versinkt nach dem Taifun "Haiyan" im Chaos.

Taifune sind die Menschen auf den Philippinen gewohnt, das passiert jedes Jahr. Aber die Zerstörungskraft von Taifun „Haiyan“ Anfang November sprengt jede Vorstellungskraft. Das schreckliche Unwetter verwüstet Tausende Quadratkilometer Land, reißt mehr als eine Million Häuser vom Fundament, donnert mit meterhohen Wellen über die Küsten und reißt um die 6000 Menschen in den Tod.

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Von Christiane Oelrich

Rafael (11) will bei diesem Sturm seinen Mann stehen. „Meine Mutter und Geschwister sind in die Schule geflüchtet, aber mein Vater bat mich, mit ihm auf unser Haus aufzupassen“, erzählt der Junge Tage später in der verwüsteten Stadt Tacloban auf der Insel Leyte in den Zentralphilippinen. „Als das Wasser kam, sind wir auf eine Mauer, aber es stieg und stieg. Der Wind war furchtbar. Plötzlich wird mein Vater von einem Stück Wellblech am Hals getroffen. Er blutet stark. Dann hat uns das Wasser mitgerissen, es war rot vom Blut meines Vaters.“ Der Junge überlebt. Die Familie findet die Leiche des Vaters am nächsten Tag.

Wie der Familie geht es Tausenden. Eltern suchen Kinder, die sie in der reißenden Flut nicht mehr halten konnten. Kinder verlieren Eltern, die von mitgerissenem Geröll erschlagen werden, Familien sehen Großeltern im Nachbarhaus ertrinken, Nachbarn, die von Bäumen erschlagen werden. Die Verwüstung ist beispiellos. Nachdem das Wasser abgelaufen ist, türmen sich über Hunderte Kilometer Schutt und Überreste von Häusern und Hausrat meterhoch. Es gibt keinen Strom, kein Handyempfang, keine Ersthelfer – weil Feuerwehrleute, Polizisten und Nothelfer selbst um ihr Leben kämpfen. Nur ganz langsam kommt die Hilfe in Gang. Die Behörden sind überfordert. Sie schaffen es nicht, für 3,5 Millionen Menschen, die ihre Bleibe verloren haben, Wasser und Essen zu organisieren.

Verzweifelte Menschen, die alles verloren haben, plündern Geschäfte und stürmen ein Reisdepot. Nach Tagen stehen immer noch Hunderte Menschen bettelnd am Straßenrand. Leichen liegen tagelang in den Trümmern, der Verwesungsgeruch ist bestialisch. Die Lokalbehörde hat nicht genügend Lastwagen, um Trümmer zu räumen, Hilfsgüter zu verteilen und Leichen zu bergen. Hunderte Menschen drängeln sich jeden Tag am Tacloban-Flughafen. Sie wollen dem Elend entfliehen und hoffen auf einen Platz an Bord einer der Militärmaschinen, die Hilfsgüter bringen.

„Nicht der liebe Gott hat die Menschen bei dem Desaster verlassen, sondern die Regierung“, schimpft der Politiker Rodrigo Duterte. Präsident Benigno Aquino gerät unter Druck. Erst nach einer Woche läuft die Versorgung einigermaßen. Helfer aus aller Welt sind jetzt vor Ort, auch deutsche. Sie bringen Hilfsgüter, Essen, Zelte, Hygieneartikel, reparieren Wasserleitungen, richten Signaltürme für Handyempfang ein, bauen Feldlazarette für die Verletzten auf. Die Aufgabe bleibt gigantisch: 3,5 Millionen Menschen vertrieben, eine halbe Million Häuser völlig zerstört, eine halbe Million schwer beschädigt. Der Versicherungsdienstleister Air Worldwide schätzt den Schaden auf bis zu 10 Milliarden Euro.