Koblenz

Mordprozess: Wann starben die Schemmers?

Waltraud und Heinrich Schemmer wurden brutal in ihrem Haus getötet.
Waltraud und Heinrich Schemmer wurden brutal in ihrem Haus getötet. Foto: Privat

Wenn die Zeugen nicht irren, dann entlasten sie die Angeklagte maßgeblich. Denn drei Bekannte der Eheleute Schemmer sind sich sicher, die beiden am Freitag, 8. Juli, vormittags noch in der Stadt gesehen zu haben. Wenn dem so ist, kann die Schwiegertochter sie aber nicht in der Nacht von Donnerstag auf Freitag getötet haben.

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Davon geht die Anklage im Mordprozess vor dem Koblenzer Landgericht aber aus: Die dreifache Mutter soll von ihrem 300 Kilometer entfernten Wohnort in der Nacht nach Koblenz gefahren sein, um die Schwiegereltern zu töten. Am Morgen des 8. Juli soll sie schon wieder zu Hause in ihrem Bett gewesen sein.

Schon um 6.30 Uhr stehen Zuhörer gestern Morgen an, um einen der begehrten gut 80 Plätze in Saal 102 zu bekommen. Der dritte Verhandlungstag steht ganz im Zeichen der Tatzeiteingrenzung. „Ich bin mir ganz sicher, dass ich Heinrich Schemmer am Freitagvormittag gesehen habe“, sagt eine Zeugin aus der Altstadt, die die Eheleute seit ihrer Jugend kennt. Immer freitags geht die Rentnerin mit einer Freundin zum Kaffeetrinken in Kleins Backstüffje an der Liebfrauenkirche. Zwar treffen sich die beiden Frauen auch montags und dienstags dort, aber freitags sind sie ein bisschen früher dran, weil eine von ihnen um 10.30 Uhr zur Gymnastik geht.

Anwalt Johann Schwenn und seine Mandantin
Anwalt Johann Schwenn und seine Mandantin
Foto: dpa

So auch am 8. Juli, sagen die beiden Frauen nacheinander im Zeugenstand aus. Die eine will die getötete Waltraud Schemmer noch in der Bäckerei gesehen und sogar kurz gesprochen haben, die andere sagt aus, sie habe Heinrich Schemmer gesehen, als sie selbst aus dem Café herausging. Auch ein weiterer Zeuge gibt an, er habe Schemmer gegen 10.15 Uhr in der Marktstraße gesehen. Da sei er aber zu weit weg gewesen, als dass die beiden sich unterhalten konnten

Dass es sich um den 8. Juli handelt, darin sind sich die drei Zeugen ganz sicher. „Das ist jetzt zwar eineinhalb Jahre her – aber als wir damals von dem Tod der Schemmers gehört habe, waren es ja erst zwei Tage.“

Ob Waltraud Schemmer an diesem Morgen wirklich im Café eingekauft hat, wie die eine Zeugin beobachtet haben will, das können die Aussagen etlicher Angestellter nicht erhärten. Gesehen hat sie keine der Mitarbeiterinnen, die sie kannten. Aber theoretisch denkbar wäre es, dass eine der Auszubildenden sie bedient hat, denen sie noch nicht als Stammkundin bekannt war.

Den Aussagen der Altstädter, dass Waltraud und Heinrich Schemmer am Vormittag des 8. Juli noch in der Stadt waren, stehen Auskünfte der Nachbarn gegenüber, die sich gestern Nachmittag den Fragen des Gerichts stellen. Übereinstimmend sagen Nachbarinnen aus, dass entgegen aller Gewohnheiten die Eheleute Schemmer am Freitagmorgen nicht ihre Rollläden hochgezogen haben. Sogar bis zum Samstag seien diese unten geblieben. „Wir haben uns schon richtig Sorgen gemacht“, erinnert sich eine Nachbarin bedrückt. Als dann abends die Polizei kam, wurde die Sorge zu schrecklicher Gewissheit.

Auf Befragung schildern die Nachbarn das Verhältnis zwischen dem Ehepaar und dem im Emsland lebenden Sohn als gut. Mit der Schwiegertochter habe man sich aber nicht so gut verstanden, sagt eine Nachbarin. Die Angeklagte folgt dem Prozess nahezu regungslos. Nur ihre wippenden Füße lassen die Anspannung erahnen.

Der Prozess wird am 15. Januar um 9 Uhr fortgesetzt.

Doris Schneider