Konflikte: Was die Briten an der Europäischen Union stört

London/Brüssel – Großbritannien stellt sich bei vielen Verhandlungen in Brüssel quer, hat Sonderwünsche und will Ausnahmeregelungen. Warum sind die Briten so EU-skeptisch?

Lesezeit: 1 Minute
Anzeige

Nationale Identität: Als ehemalige Weltmacht ist Großbritannien noch immer gewohnt, die Linie vorzugeben, statt sich mühsam auf die Suche nach Kompromissen zu begeben.

„London denkt viel mehr global als europäisch“, sagt Katinka Barysch, Chefökonomin beim Centre for European Reform in London. Die Angst, von EU-Partnern aus dem Süden Europas noch tiefer in die ohnehin schon ernste Krise gezogen zu werden, schürt zusätzliche Aversionen.

Londoner City: Das Finanzzentrum London ist trotz massiven Schrumpfkurses noch immer die Lebensader der britischen Wirtschaft. Man fühlt sich von Regulierungen, die in Brüssel ersonnen wurden, aber die sogenannte Londoner City treffen, regelrecht bedroht.

„Regulierungen etwa für Hedgefonds oder die Finanztransaktionssteuer treffen London viel mehr als jeden anderen in Europa“, sagt Barysch. Allerdings hatte die Londoner City in der Finanzkrise auch mehr Schaden angerichtet als andere Finanzplätze.

Soziales und Arbeitsmarkt: Großbritannien ist eines der am stärksten deregulierten Länder Europas. Auflagen aus Brüssel etwa für die Arbeitszeit stoßen auf wenig Verständnis auf der Insel. „Lasst uns so hart arbeiten, wie wir wollen“, heißt es aus konservativen Kreisen.

EU-Bürokratie: Die Euro-Skeptiker unter den Briten halten die Bürokratie in Brüssel für ein wesentliches Wachstumshemmnis. Anti- Europäer in London glauben, dass Großbritannien bilaterale Handelsabkommen mit aufstrebenden Handelspartnern in aller Welt viel schneller aushandeln könne als der Block der 27. Die Skeptiker fordern auch, dass der Sitz des Europaparlaments in Straßburg abgeschafft wird und die Abgeordneten nur noch in Brüssel tagen. Medien: Die britische Presse ist fast durchgehend europafeindlich und prägt das Bild der EU auf der Insel. „Ich muss meinen Kollegen in Brüssel dauernd sagen, sie sollen nicht den ,Daily Express' lesen“, zitierte die „Financial Times“ einen britischen Minister.