London

Exit vom Brexit: Wie könnte das gehen?

„Mr. Brexit“, Boris Johnson, will nicht Premierminister werden. Er scheint vom Erfolg des Referendums überrascht worden zu sein.
„Mr. Brexit“, Boris Johnson, will nicht Premierminister werden. Er scheint vom Erfolg des Referendums überrascht worden zu sein. Foto: dpa

Erst stimmen 52 Prozent der Briten für den Brexit, dann gibt es Demos mit „EU, EU“-Sprechchören. Mal abgesehen davon, dass die EU-Fans vor der Volksabstimmung längst nicht so leidenschaftlich waren wie jetzt: Selbst Boris Johnson, dem Kopf der Brexit-Kampagne, scheint das Ergebnis irgendwie unheimlich zu sein, er scheint nicht damit gerechnet zu haben. Jetzt will er auch nicht Premierminister werden. Könnte sich Großbritannien um den EU-Austritt noch herummogeln?

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PARLAMENTSENTSCHEID: Wäre rechtlich möglich. Das Ergebnis des Referendums ist kein Gesetz, mehr eine „Empfehlung“. Das britische Unterhaus könnte abstimmen und beschließen, den berüchtigten Austritts-Artikel 50 nicht zu aktivieren. Es ist aber kaum auszudenken, welchen Aufschrei das im Land geben würde. Nicht vergessen: Insgesamt 17 410 742 Briten haben für den Brexit gestimmt.

NEUWAHLEN: Premierminister David Cameron dankt ab, die Suche nach einem Nachfolger läuft gerade an. Der könnte Neuwahlen ausrufen, schließlich hat vergangenes Jahr das Volk Cameron, nicht ihn – oder sie – ins Amt gewählt. Wenn dann zum Beispiel die Labour-Partei im Programm hätte, dass sie den Exit vom Brexit will, und gewinnen würde, dann könnte man das als demokratisch legitimiert betrachten.

NOCHMAL ABSTIMMEN I: Die Petition für ein zweites Referendum hat inzwischen mehr als vier Millionen Unterschriften gesammelt. Das Argument: Das Ergebnis ist zu knapp, die Wahlbeteiligung zu niedrig. Da aber im Vorhinein keine Regeln für so einen Fall festgelegt wurden, dürfte diese Forderung nichts bringen. Im Gespräch war auch mal, nach einem „No“ mit der aufgeschreckten EU einen neuen Vertrag mit aus britischer Sicht besseren Bedingungen auszuhandeln, und das Referendum dann zu wiederholen. Da hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker aber schon gleich den Daumen gesenkt.

NOCHMAL ABSTIMMEN II: Nicht einfach das Referendum wiederholen, sondern so tun, als gehe man, einen Ausstiegs-Deal mit der EU aushandeln und den dann dem Volks zur Abstimmung stellen, das ist die Idee von Jeremy Hunt, dem britischen Gesundheitsminister, der gegen den Brexit war. In seinen Augen hat das Land gegen die Freizügigkeit von EU-Bürgern in ihrer jetzigen Form gestimmt, nicht so sehr gegen die EU insgesamt. Das Echo war verhalten – und es ist kaum denkbar, dass Brüssel und die anderen 27 Staaten das mitmachen würden.

WIEDER EINTRETEN: Das ginge schon. Aber allein der Austritt dauert schon mindestens zwei Jahre. Dann kämen neue Verhandlungen, alle anderen Mitgliedstaaten müssten einverstanden sein. Bisher haben die Briten einen Sonderdeal. Dass der wieder auf dem Tisch läge, scheint gerade undenkbar. Für die nächsten paar Jahre hilft diese Perspektive also nicht.

SCHOTTEN-VETO: Nicola Sturgeon, Chefin der schottischen Regionalregierung, will den Brexit notfalls mit einem Veto des schottischen Parlaments verhindern – wenn möglich, sagte sie. Da sind sich Experten nicht einig. Grundlage wäre der Scotland Act von 1998, der Kompetenzen des schottischen Regionalparlaments bestimmt. Dort steht zwar, dass auswärtige Angelegenheiten von London geregelt werden, aber auch, dass es Sache Edinburghs sei, EU-Gesetze zu implementieren.

dpa