Mainz

Da lachste dich kaputt, das nennt man Camping

Ich liebe Camping. Camping ist wie das Leben und ein Campingplatz ist ein Mikrokosmos, in dem man fast alles an Lebensformen findet, was es auch in der normalen Welt gibt.

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Da gibt es Nachbarn, die fahren in ihren riesigen Wohnmobilen mit einem Kleinwagen vom Bad zur Küche. Und es gibt andere mit winzigen Schlaftüten, die man nicht mal aufbauen, sondern nur auf die Wiese werfen muss.

Sie sind bei Motorradfahrern sehr beliebt, die abends in kleinen Pulks zusammenhocken und sich beim Bier ihre Tagesabenteuer erzählen. Oft verraten die Geschichten von Fahr- und Überholmanövern den dringenden Wunsch, möglichst schnell zum Organspender zu werden.

Lehrreiche Erfahrungen für ganze Bibliotheken

Ja, man lernt einiges beim Campen und erfährt mehr oder weniger hautnah, wie andere Menschen Flüssigkeit und Nahrung aufnehmen und abgeben, wie sie ihre Kinder erziehen, wie sie schlafen und wie sie aufwachen. Allein zum Thema „Wie Camper morgens aufstehen“ könnte ich Bände füllen. Da gibt es drahtige Asketen, die, kaum dem Schlafsack entschlüpft, tief durchatmen und sich dann frisch, fromm, fröhlich und frei zur Morgengymnastik verrenken, manche in der fernöstlichen Zeitlupe des Tai-Chi. Andere schaffen es allenfalls halbkomatös nach den Getränkeresten des Vorabends zu tasten und damit den Rauch der ersten Zigarette herunterzuspülen. Bei mir gilt die Devise: Das Lager darf hart, doch der Espresso muss stark sein. Deshalb habe ich Kocher und Kännchen auch jetzt beim Wandern wieder mitgeschleppt.

Beim Gewitter wird man zur Schicksalsgemeinschaft

Mit viel Glück erlebt man mal ein Gewitter mit sintflutartigen Regenfällen. Zelte sind zerfetzt, Wohnwagen überflutet und Isomatten davongeflogen, das ist der Stoff, aus dem Katastrophenfilme gemacht werden. Wildfremde Menschen, die bis dahin voneinander nur die Schlaf- und Beischlafgeräusche kannten, sind plötzlich zu einer Schicksalsgemeinschaft vereint. Angeblich hat der Schriftsteller Dante Alighieri zu Beginn des 14. Jahrhunderts seine dramatische Beschreibung der Hölle auf einem Campingplatz geschrieben. Morgens, nach einem Riesengewitter.

Manchmal erlebt man auch Zeitreisen in die Vergangenheit. Der Campingplatz Massingsmühle, abseits der Hunsrückhöhenstraße tief im Wald versteckt, ist so ein Ort. Wer dort warm duschen will, auch das gibt es bei Campern, muss den Automat im Waschhäuschen mit Münzen füttern. Zwei Mark, ja, Sie lesen richtig: zwei DM, zwo Emmchen kostet das Duschen. Unter DM-Nostalgikern und Euro-Skeptikern ist der rustikale Platz zum Geheimtipp und Mekka geworden.

Büb Käzmann alias Markus Höffer-Mehlmer ist Kabarettist und lebt gerne in Mainz. Mehr im Internet auf www.bueb-kaezmann.de