London

Buenos Aires und London streiten bis heute

Reißt bis heute eine Wunde in die britisch-argentinischen Beziehungen: der Falklandkrieg.
Reißt bis heute eine Wunde in die britisch-argentinischen Beziehungen: der Falklandkrieg. Foto: dpa

Das Telefon von Julian Thompson klingelte um 4 Uhr. „Es gibt eine Invasion. Mach deine Brigade bereit“, hörte der Brigadegeneral die Stimme seines Vorgesetzten.

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London – Das Telefon von Julian Thompson klingelte um 4 Uhr. „Es gibt eine Invasion. Mach deine Brigade bereit“, hörte der Brigadegeneral die Stimme seines Vorgesetzten. Es war kein Übungsalarm. Im Südatlantik besetzte gerade ein Expeditionskorps aus 5000 argentinischen Soldaten die Hauptstadt der Falklands, Port Stanley. 80 britische Marines leisteten keinen Widerstand, und um 9 Uhr Ortszeit am 2. April 1982 erklärte der Gouverneur Rex Hunt die Kapitulation der überrumpelten Atommacht.

So begann ein 74-tägiger Krieg zwischen dem Vereinigten Königreich und Argentinien um eine Inselgruppe am Ende der Welt – ein blutiger Konflikt mit 900 Todesopfern auf beiden Seiten, der weit reichende Folgen hatte. Der britische Sieg brachte den General Leopoldo Galtieri zu Fall und führte später zu einer Ablösung der Militärjunta durch eine Zivilregierung. In London steigerte der Triumph von Margaret Thatcher das Ansehen der unpopulären Tories, die 1983 die Parlamentswahl gewannen. Schließlich war die Vertreibung der Besatzer aus dem ärmlichen Schafsparadies ein doppelter Segen für den Archipel aus 200 Landflecken: Die 1800 Kelpers (so nennen sich die Bewohner) bekamen nicht nur ihre Freiheit zurück, sondern auch eine glänzende Zukunft.

In 30 Jahren verdreifachte sich fast die Bevölkerung des autonom regierten Überseegebiets der Krone auf 4800 Menschen, darunter 1500 stationierte Militärs. Begnügten sich die vom Wollhandel lebenden Inselbewohner in den 80er-Jahren noch mit einem Bruttoinlandsprodukt von 5 Millionen Pfund, stieg es bis 2007 auf 104 Millionen Pfund. Der neue Wohlstand der Falklands gründet auf der Vergabe von internationalen Fischereilizenzen, die den Kelpers 2009 etwa 11 Millionen Pfund einbrachten. Langfristig könnten die Eilande vielleicht sogar so reich werden wie manche arabischen Länder. Denn im Ozeanbett auf dem Gebiet der Falklands sollen Erdölvorräte von 350 Millionen Barrel im Wert von 20 Milliarden Pfund lagern. Laut dem britischen Ölunternehmen Rockhopper soll die Förderung des „schwarzen Goldes“ bereits 2016 beginnen.

Im Frühling 1982 ahnte niemand von diesen Schätzen. Kurz vorher hatte sich Galtieri in Buenos Aires an die Macht geputscht. Der Überfall der seit 1833 britischen Inseln hatte für den General eher politische denn ökonomische Motive: Sie sollte die Argentinier von der wirtschaftlichen Misere ablenken und das Ansehen der Junta verbessern. Zugleich ging es um die Verwirklichung eines alten Territorialanspruchs. Argentiniens Regierung nutzte bei der Invasion der „Malvinas“ die Fehler der britischen Diplomatie, sie unterschätzte jedoch die Entschlossenheit von Margaret Thatcher.

Anders als 1982 ist heute in London keine patriotische Euphorie zu spüren. Die Beziehungen zu Argentinien haben sich stark verschlechtert. Präsidentin Cristina Kirchner will gegen die Ausbeutung der Rohstoffe auf den Malvinas juristisch vorgehen. Ihre Regierung drängt die argentinischen Unternehmen dazu, die Einfuhren der britischen Waren zu beenden. Nach einem neuen Gesetz dürfen Schiffe mit britischen Verbindungen nicht mehr in argentinischen Häfen anlegen. Zugleich hat „Lady Pinguin“ (Sunday Times) es geschafft, im Streit mit London die Nachbarstaaten Uruguay, Brasilien und Paraguay auf ihre Seite zu bringen.

Zum 30. Jahrestag des Kriegs entsendet Premier David Cameron ein Atom-U-Boot und einen „Super-Zerstörer“ in das umstrittene Gebiet. Prinz William war sechs Wochen als Rettungspilot vor Ort. Auch 30 Jahre nach dem Krieg ist keine Lösung in der Debatte um die Falklands in Sicht. Verhandlungen sind undenkbar, heißt es in den Londoner Regierungskreisen: „Solange die Menschen auf den Inseln britisch sein wollen, werden wir sie unterstützen“.