München

Anwalt Grasel: Der Mann hinter Zschäpes Aussage

Beate Zschäpe spricht  m Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München  mit ihrem Anwalt Mathias Grasel.
Beate Zschäpe spricht  m Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München  mit ihrem Anwalt Mathias Grasel. Foto: dpa

Es ist eine radikale Kehrtwende im Münchner NSU-Prozess: Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe gibt ihr Schweigen auf und will reden. Damit sind ihre ursprünglichen Verteidiger gescheitert. Der neue, Mathias Grasel, hat sie ausgestochen.

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Von Christoph Lemmer (dpa)

Immer still und scheinbar unbeteiligt – so verhält sich der vor gut einem Vierteljahr engagierte Münchner Anwalt Mathias Grasel bisher im Prozess gegen seine Mandantin Beate Zschäpe. Jetzt hingegen spielt er die zentrale Rolle, wenn Zschäpe nach zweieinhalb Jahren Prozessdauer ihr Schweigen bricht.

Jung aber ehrgeizig

Grasel ist mit seinen 31 Jahren zwar jung und hat wenig Erfahrung, ist aber offensichtlich ehrgeizig. Er wolle ein „erfolgreicher Jurist“ werden, schrieb er schon 2003 in der Abiturzeitung seiner Schule in Tettnang am Bodensee.

Eines hat er immerhin geschafft: Im Münchner NSU-Prozess bestimmt jetzt er die Strategie der Hauptangeklagten Zschäpe und nicht mehr ihre drei ursprünglichen Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm – drei gestandene Strafverteidiger, die vor dem Bundesgerichtshof in einem anderen Fall schon einmal eine Anklage wegen Mittäterschaft zu Fall brachten. Sie wurden von Nachwuchsmann Grasel ausgestochen.

Der hatte seinen Coup offensichtlich lange vorbereitet. Schon seit rund einem Jahr soll er Zschäpe immer wieder in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim besucht haben. Er soll ihr auch geholfen haben, mehrere Briefe an das Gericht zu schreiben, als sie ersuchte, Heer, Stahl und Sturm loszuwerden. Einer endet mit einem Postscriptum, in dem Zschäpe andeutet, sie wolle „etwas“ aussagen – wenn das Gericht ihr Grasel zuteile. Sie bekam ihren Willen, und jetzt bekommt das Gericht wohl tatsächlich ihre Aussage.

Wirkt schüchtern und pennälerhaft

Dass ausgerechnet Grasel es ist, der den vielleicht schwierigsten Strafprozess Deutschlands in eine völlig neue Richtung dreht, das hätten ihm wohl nur wenige zugetraut. Er wirkt schüchtern und pennälerhaft, ganz anders als sein Kanzleiprimus Hermann Borchert, den sich Zschäpe zusätzlich als Wahlverteidiger genommen hat. Borchert arbeitet seit mehr als 30 Jahren als Strafverteidiger. Er begann seinen Beruf, als Grasel erst geboren wurde. Diese Woche wird er voraussichtlich zum ersten Mal im NSU-Prozess auf der Verteidigerbank sitzen.

Im Mittelpunkt aber wird Grasel stehen. Er kündigte an, er werde es sein, der Zschäpes Erklärung verlesen wird. Damit ist er der Mann der Stunde – ganz so, wie er sich das schon als Abiturient erträumte.