Berlin

Von der Leyen und die Drohnen-Frage

Hat bisher das Thema Drohnen geschickt vermieden: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.
Hat bisher das Thema Drohnen geschickt vermieden: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Foto: picture alliance

Zu den besonderen Talenten von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen gehört ihre Medientauglichkeit. Sie hat ein Gespür für Themen, für Sätze, für Bilder, die wirken. Deshalb ist es kein Zufall, dass sie einen großen Bogen um ein ganz bestimmtes Fluggerät macht, wo immer eine Kamera einen optischen Zusammenhang mit ihr herstellen könnte.

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Von unserem Berliner Korrespondenten Gregor Mayntz

So war es unter anderem bei ihrem Antrittsbesuch in Afghanistan, wo sie sich alle eingesetzten Waffensysteme erläutern ließ – bis auf die Drohnen. Ein öffentliches Angebot von Rüstungsfirmen zu einem neuen europäischen Drohnen-Projekt ließ sie ins Leere laufen – kein aktueller Entscheidungsbedarf.

Die größtmögliche Distanz zwischen Ursula von der Leyen und ferngesteuerten Luftfahrzeugen wird nächste Woche zu Ende gehen. Die Koalition wird nach Informationen unserer Zeitung im Bundestag eine Aktuelle Stunde beantragen. Dann muss die Ministerin ran. Und dann hat sie zu erklären, warum sie sich seit so vielen Monaten öffentlich wegduckt, sobald das Thema im Anflug ist. Warum sie erst eine große gesellschaftliche Debatte über den Drohnen-Einsatz abwarten will. Und warum ihr Ministerium gleichwohl bereits zu erkennen gegeben hat, dass für die nächsten Drohnen der Bundeswehr „konzeptionell eine Bewaffnungsfähigkeit gefordert“ sein werde.

Fliegen die „Kampfdrohnen durch die Hintertür“?

So steht es in der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Linken. Und die reagierte bereits empört: „Die Bevölkerung wird bewusst in die Irre geführt, wenn die Bewaffnungsfähigkeit einer militärischen Langstreckendrohne von vornherein festgeschrieben wird“, hält Linken-Sicherheitspolitiker Andrej Hunko fest. Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger hält der Ministerin vor, sie wolle „Kampfdrohnen durch die Hintertür“ anschaffen.

Der politische Kampfbegriff „Kampfdrohnen“ macht klar, warum von der Leyen sich über so viele Monate von diesem Thema ferngehalten hat. Das Image der warmherzigen Mutter der Kompanie droht von dem der kalten Kriegerin überlagert zu werden. Denn nur wenige Themen sind so emotional belastet wie der Einsatz unbemannter Fluggeräte. Dafür haben die USA gesorgt. Sie setzen Drohnen in großem Stil ein, um potenzielle Terroristen per Knopfdruck aus der Ferne zu töten, „Kollateralschäden“ eingeschlossen. Dieser Einsatz ist bestenfalls fragwürdig zu nennen. Besser lässt er sich als Verstoß gegen elementare Menschenrechte bezeichnen. Faktisch wird die Todesstrafe exekutiert auf den puren Verdacht hin, ein Passant oder Reisender könne in Anschläge oder Terrorplanungen verwickelt sein oder sich zufällig in der Nähe eines Beschuldigten befinden.

Das lädt die breite gesellschaftliche Drohnen-Debatte, die von der Leyen nun anstoßen will, in einer Weise auf, die mit dem Bedarf der Bundeswehr wenig zu tun hat. Drohnen liefern der Truppe in Afghanistan Informationen über geplante Patrouillenrouten und klären, ob hinter einem Haus Kinder spielen oder Taliban in Stellung gehen. „Wenn man in Echtzeit den Feind beim Bau einer Sprengfalle aufklären kann, ist das ein strategischer Vorteil, der über Leben und Tod entscheiden kann“, sagt der Verteidigungspolitiker Henning Otte (CDU). Die Zeit sei gekommen, sich in einer gesellschaftlichen Debatte über Drohnen insbesondere mit optionalen Kampffähigkeiten auseinanderzusetzen, schließlich gehe es um „nichts Wichtigeres als um den bestmöglichen Schutz unserer Soldaten“.

„Hemmschwelle sinkt“

Die Bundeswehr will die Drohnen nur in solchen Fälle zu mehr als Aufklärung verwenden, in denen ein erkannter Feind auch durch Flugzeug- oder Artillerieeinsatz bekämpft würde. Das aber glauben Drohnen-Gegner nicht. Für Brugger lassen bewaffnete Drohnen die „Hemmschwelle für den Waffeneinsatz sinken und können zu einer Entgrenzung des Einsatzes militärischer Gewalt führen“.

Von der Leyen dürfte nächste Woche versuchen, eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen (von ihr strikt abgelehnten) vollautomatisch tötenden Drohnen und solchen, die zunächst zur Aufklärung gedacht sind und irgendwann später nachgerüstet werden können. Die Frage ist aber, ob es klug war, über so viele Monate abzutauchen – das lenkt erst recht die Aufmerksamkeit auf eine Drohnen-Ministerin, wenn sie das heiße Eisen endlich anpackt.