Interview mit Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery zum Thema Sterbehilfe

Interview mit Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery: „Ärzte stehen für Sterbehilfe nicht zur Verfügung“

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Handeln Ihre Kollegen in der Schweiz ethisch, wenn sie Sterbewilligen einen Giftcocktail geben?

Montgomery Das sind nicht meine ärztlichen Kollegen, die dort Sterbehilfe leisten. Vielmehr gibt es dort nicht-ärztlich geleitete Organisationen, die diesen assistierten Suizid anbieten. Sie lassen sich meist von pensionierten Psychiatern Kurzgutachten über die Zurechnungsfähigkeit des Menschen erstellen, der sich umbringen möchte. Dass dieser Weg möglich ist, ist ein Problem der Schweizer Gesetzgebung, die so etwas zulässt.

Reichen unsere Gesetze aus, um die Menschen vor dieser Art von Sterbehilfe oder assistiertem Selbstmord zu schützen?

Montgomery In dieser Frage ist unsere Gesetzgebung sehr gut. Es gibt noch eine Lücke, die nun geschlossen werden soll. Bislang ist die gewerbliche Vermittlung von assistiertem Suizid nicht verboten. Dazu gibt es nun eine Gesetzesinitiative. Das begrüße ich.

Ist es aus ärztlicher Sicht überhaupt vertretbar, aktive Sterbehilfe oder assistierten Suizid zu leisten?

Montgomery Die Delegierten des Deutschen Ärztetages haben sich zu mehr als zwei Drittel sowohl gegen aktive Sterbehilfe, also das Spritzen von Gift, wie auch gegen den assistierten Suizid, also das Überreichen von Giftcocktails, ausgesprochen. Unsere Position ist eindeutig: Als Sterbehelfer stehen wir nicht zur Verfügung.

Und wenn verzweifelte Menschen es einfordern?

Montgomery Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade dann, wenn man einem schwerkranken Patienten durch gute Palliativmedizin ein Angebot zum Leben und zu einem würdigen Tod macht, er das dem schnellen Selbstmord immer vorzieht.

Fürchten Sie, dass angesichts der prominenten Fälle von Selbstmord wegen schwerer Krankheit wie Gunter Sachs und Timo Konietzka ein Trend entsteht?

Montgomery Nein, den Trend sehe ich nicht. Gerade im Fall von Gunter Sachs muss man sich doch nach der Lektüre seines Abschiedsbriefes fragen, ob es wirklich Alzheimer war oder doch eher eine tiefe Depression. Dann hätte man psychiatrisch helfen können. Das zeigt einmal mehr, wie gefährlich es wäre, assistierten Suizid zuzulassen.

Eva Quadbeck