Berlin

Doping im Job nimmt zu

Die Medikamente wirken nicht nachhaltig. Früher oder später überwiegen die Nebenwirkungen.
Die Medikamente wirken nicht nachhaltig. Früher oder später überwiegen die Nebenwirkungen. Foto: dpa

Drei Millionen Berufstätige in Deutschland haben schon einmal Aufputschmittel oder Beruhigungspillen genommen, um mit Leistungsdruck und Stress am Arbeitsplatz klarzukommen. Das geht aus dem Gesundheitsreport 2015 der DAK hervor, den die Krankenkasse vorgestellt hat.

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Von unserem Berliner Korrespondenten Jan Drebes

Demnach haben sich 6,7 Prozent der Beschäftigten vereinzelt mit rezeptpflichtigen Mitteln wie Antidepressiva oder Betablockern gedopt, obwohl sie gesund waren. Die Dunkelziffer liege sogar bei 12 Prozent oder rund fünf Millionen Berufstätigen, heißt es in der Studie. Und 2 Prozent der Befragten missbrauchen demnach leistungssteigernde Medikamente, die starke Nebenwirkungen haben können, sogar regelmäßig. Laut DAK-Chef Herbert Rebscher sind die Suchtgefahren nicht zu unterschätzen, auch wenn nach seinen Worten beim Hirndoping noch nicht von einem Massenphänomen gesprochen werden kann. Allerdings nimmt die Zahl der Fälle zu: Vor sechs Jahren hatten sich erst 4,7 Prozent der Beschäftigten gedopt.

Ältere sind am meisten gefährdet

Besonders gefährdet sind der Studie zufolge Menschen höheren Alters, die einer monotonen Beschäftigung nachgehen. So hätten bereits 8,5 Prozent der Arbeitnehmer mit einer einfachen Tätigkeit Leistungssteigerer eingenommen, bei Gelernten oder Qualifizierten waren es 6,7 Prozent, bei Hochqualifizierten lediglich 5,1 Prozent. Am häufigsten greift die Gruppe der 40- bis 50-Jährigen zu Medikamenten, heißt es in der Studie. „Das Klischee der dopenden Topmanager ist damit vom Tisch“, sagte Rebscher. Er erklärte das Phänomen, indem er auf eintönige Tätigkeiten verwies, bei denen aber bereits kleine Fehler schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Auch die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust spiele als Motiv für Hirndoping eine übergeordnete Rolle.

Bei Frauen sind derweil Beruhigungspillen beliebt, um etwa die Angst vor Präsentationen oder Prüfungen zu nehmen. Männer greifen hingegen besonders häufig zu Aufputschmitteln. Die meisten Betroffenen kommen über Ärzte an die Medikamente, etwa indem sie psychische Krankheitssymptome vortäuschen. Aber auch der Freundes- und Bekanntenkreis ist laut dem Report eine beliebte Quelle für entsprechende Mittel. Hinzu kommt immer häufiger der Onlinehandel mit Medikamenten, die sich zum Hirndoping eignen. Darunter fallen Substanzen, mit denen normalerweise Demenz, Depressionen, Aufmerksamkeitsstörungen oder Schlafprobleme behandelt werden.

Es gibt keine Wunderpille

Dabei haben die meisten Medikamente nur einen kurzfristigen Effekt. „Eine Wunderpille gibt es nicht“, sagte der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, Klaus Lieb. Zudem gibt es nach Worten des Mainzer Mediziners zahlreiche Nebenwirkungen. Dazu zählen Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen oder Schwindel. Zudem kann die Einnahme abhängig machen.