Autorisierung: Warum es dieses Verfahren gibt – und welche Vor- und Nachteile es hat

Frauke Petry (AfD), RZ-Chefredakteur Christian Lindner und Redakteur Hartmut Wagner im Foyer der Rhein-Zeitung – am steinernen Redaktionsstatut. 
Frauke Petry (AfD), RZ-Chefredakteur Christian Lindner und Redakteur Hartmut Wagner im Foyer der Rhein-Zeitung – am steinernen Redaktionsstatut.  Foto: Weber

In der Welt der Medien bezeichnet der Begriff Autorisierung die Zustimmung eines Interviewten zur schriftlichen Fassung des Gespräches und deren Veröffentlichung. Die Autorisierung von Interviews und der damit verbundene Prozess ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber bei vielen Interviews von Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien in Deutschland gängige Praxis geworden.

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Der übliche Rahmen und Ablauf einer Autorisierung: Vor einem Interview wird zwischen der Redaktion und dem Interviewpartner vereinbart, ob eine Autorisierung erfolgen soll. Politiker auf Landes- und Bundesebene bestehen meist darauf, Manager aus der Wirtschaft deutlich seltener. Wird eine Autorisierung vereinbart, hat das interviewende Medium seinem Interviewpartner damit sein Versprechen gegeben, dass er das Interview vor Erscheinen noch einmal gegenlesen kann und es erst nach seiner Freigabe veröffentlicht wird.

Die Interviews werden meist mit Diktiergeräten aufgezeichnet und dann von der Redaktion abgeschrieben. Da kaum jemand druckreif spricht, ist es üblich und fair, dass die Redaktion beim Bearbeiten des Interviews die typischen Eigenheiten eines Gespräches glättet. Aus einem langen Satz „ohne Punkt und Komma“ etwa können sinnwahrend mehrere Sätze gemacht werden – im Sinne des Lesers ebenso wie des Interviewten.

Straffen, glätten, präzisieren

Auch gilt es als fair, Verhaspler zu korrigieren. Beide Seiten werten es zudem als hilfreich, wenn Längen, Wiederholungen oder Abschweifungen gestrafft werden. Die schriftliche Endfassung leitet die Redaktion dem Interviewten oder seiner Pressestelle zu – heutzutage in der Regel per Mail. Der Interviewte oder ein von ihm dazu Ermächtigter liest die Schriftform des Interviews gegen. Er kann in diesem Stadium etwa die Chance nutzen, sprachliche Unebenheiten zu glätten, genannte Zahlen zu überprüfen und bei Bedarf zu verbessern oder entscheidende Passagen zu präzisieren.

Souveräne Interviewte machen davon bewusst sparsam Gebrauch und ändern allenfalls Nuancen, denn beiden Seiten ist bewusst: Ein nachträglicher Eingriff in substanzielle Aussagen gilt als unprofessionell und entwertet das Interview im Nachhinein. Nach dem Gegenlesen und eventuellen Bearbeiten gibt der Interviewte oder sein Büro der Redaktion das Interview in dieser Form zur Veröffentlichung frei.

Der Vorteil dieses Verfahrens für das Medium: Es hat damit die Garantie, dass der Interviewte nach der Veröffentlichung zu seinen Aussagen stehen wird – auch dann, wenn es Ärger wegen der Aussagen geben sollte. Die Interviewten wiederum wissen vorab, was veröffentlicht wird. Der mögliche Nachteil der Autorisierungspraxis: Besonders Pressestellen von Politikern neigen teils dazu, klare Aussagen ihres Chefs zu entschärfen und auf Parteilinie bringen zu wollen – was bei einem Radio- oder Fernsehinterview unmöglich wäre. Bisweilen missbrauchen sie den Autorisierungsprozess sogar dazu, ihnen heikel Erscheinendes komplett umschreiben zu wollen.

Erst Klartext, dann Autorisierung?

Selbstbewusste Medien lehnen es ab, tiefgreifend veränderte Interviews zu veröffentlichen. Ab und an machen sie auch transparent, wer im Nachhinein nicht mehr zu seinem Wort stehen wollte – etwa indem sie weiße Flächen statt völlig umgeschriebener Antworten veröffentlichen. Einzelne Politiker bekommen keine Interviews mehr – weil sie in Medienkreisen dafür bekannt geworden sind, erst Klartext zu sprechen, dann aber via Autorisierung wieder alles zurückzunehmen.

Wir machen auf dieser Seite nachvollziehbar, wie AfD-Vorsitzende Frauke Petry eine konfliktträchtige Aussage in einem Interview mit unserer Redaktion im Zuge der Autorisierung völlig umformulierte. Wir fragten: „Ihr Partner, Herr Pretzell, hat gefordert, dass notfalls Grenzen auch mit der Waffe gesichert werden müssen. Was sagen Sie dazu?“ Antwort von Frauke Petry: „Das ist geltende deutsche Rechtslage.“ Unsere Nachfrage: „Also notfalls schießen?“ Ihre Antwort: „Als Ultima Ratio ist der Einsatz der Waffe zulässig. Das haben wir gerade schon besprochen. Es ist nichts, was sich irgendjemand von uns wünscht. Es müssten alle anderen Maßnahmen davor ausgeschöpft werden.“

cli/haw